Amt Emster-Havel
 
  Trechwitz  
     
 
 

Die Trechwitzer sind echt "vereint"!

 
 
Bei dieser Vereinsvielfalt ist ein Treffen untereinander unumgänglich und durchaus gewollt

In Trechwitz lässt keiner keinen hängen. Da wird unterstützt, wer Hilfe braucht. Und doch hat jeder Verein auch sein eigenes, typisches Vereinsleben.
Rechnet man ihre Mitglieder zusammen, so sind mindestens zwei Drittel der Einwohner des Dorfes aktiv in einer dieser Gemeinschaften. Was sie bewegen, wie viele Ideen, Engagement, Lebenslust und Freizeit hier in dörfliches Leben fließen, das erlebt man wirklich nicht sehr oft.

Jung und Alt sind ein Team
Insgesamt 38 junge und jung gebliebene Trechwitzer gehören zum "Freizeit- und Jugendverein Trech-witz e.V.". Sein Domizil ist für so manchen Trechwitzer wie das zweite Wohnzimmer. Alle möglichen privaten Feierlichkeiten und Vereinszusammenkünfte finden im Jugendklub statt. Und die Heranwachsenden haben hier eine Bleibe, in der sie sich echt wohlfühlen können. Gemütliche Sitz-ecken laden zum Lümmeln und Quatschen ein, an Billardtisch oder Tischtennisplatte kann man sich schaffen, Getränke sind auch da, und Kartenspielen ist sowieso immer angesagt. "Wir veranstalten ja auch Kartenspielturniere, Dorfmeisterschaften im Skat oder Rommé zum Beispiel." Klaus Gaidecka ist mit Leib und Seele Vereinsvorsitzender. Er hat die Stunden nicht gezählt, die er bisher für "seinen" Jugendklub da war. Seit 1975 ist er hier der Chef. Von 1984 bis 1986 hat er den neuen Jugendklub mit gebaut, bis zur Wende aktiv das Jugendklubleben im Dorf mitgestaltet und danach die Möglichkeit Verein gewählt, das Ge-schaffene zu erhalten. "Tja, und nun bin ich 50 und seit 1990 Vorsitzender des Freizeit- und Jugendverein Trechwitz e.V., wie wir nun heißen!" Auch seine Frau Iris zieht mit. "Sie ist der Engel des Klubs, näht Gardinen, Vorhänge, Tischdecken, bessert aus und sorgt im Hintergrund dafür, dass alles läuft wie am Schnürchen", lobt Marco Thiele, einer der Jugendlichen, und fügt hinzu: "Viele wollen wissen, wieso wir unsere Freizeit mit Leuten so gar nicht in unserem Alter verbringen. Für uns ist das ganz normal! Und da auch unsere Ideen und Vorschläge gefragt sind, profitieren wir alle voneinander. Das möchte ich nicht missen."

Das Piratenschiff zum Osterfeuer 2003. Wenn die Trechwitzer einmal in Fahrt sind kann sie keiner mehr bremsen

Selbstverständlich gibt's auch mal Zoff. "Um Kleinigkeiten - und um die Musik. Da merkt man, wer zu den Alten und wer zu den Jungen gehört!"
Ohne zu meckern und wohl auch bedingungslos ziehen alle mit, wenn es ums jährliche Osterfeuer und das aller zwei Jahre stattfindende Treckertreffen geht. Zwei Veranstaltungen, die das 350-Seelen-Dorf weit über die Brandenburger Landesgrenze hinweg be-rühmt gemacht haben.
Was da am Ostersonnabend angezündet wird, ist geradezu phänomenal. In diesem Jahr grüßten alle 38 Vereinsmitglieder von einem überdimensionalen Piratenschiff, bevor es in Flammen aufging. In den Jahren davor brannten zu Ostern bereits eine Mühle, eine Burg, eine Pyramide und ein Hexenhaus. Seit 1996 wird in Trechwitz dieses besondere Osterfeuer veranstaltet. Und so langsam machen sich bei Klaus Gaidecka, seinem Stellvertreter Björn Dähne, Olaf Manzke und den anderen Osterfeuer-Machern Sorgenfalten breit: "Das Piratenschiff ist schwer zu toppen. Und wir brauchen wohl auch bald einen neuen Wald, wo wir das viele trockene, alte Holz herkriegen!"
Na, bis zum nächsten Osterfest ist ja noch genug Zeit, über Alternativen nachzudenken.
Vorher steht das Dorf erstmal Kopf beim 7. Trechwitzer Treckertreffen am 07.09.2003. Jedes Mal eine Herausforderung für alle ortsansässigen Vereine.
Was 1991 als kleine zusätzliche Finanzspritze für den Freizeit- und Jugendverein gedacht war, beschert Trechwitz heute aller zwei Jahre am ersten Septemberwochenende ein zugeparktes Dorf und grenzenlosen Gaudy. "60 Traktoren, fast alle Marke Eigenbau, tuckern dann durchs Dorf zum Sportplatz", freut sich Olaf Manzke, "dort warten die Wettbewerbe: Geschick-lichkeitsfahren und Schnelligkeitstest. Es geht über Strohhaufen, Stolpersteine, durch Schlammlöcher - das kann man nicht beschreiben, das muss man gesehen haben."
Stammgäste bringen nicht nur ihre Traktor-Unikate mit, sondern auch viel Platz im Magen für Kaffee und selbstgebackenen Bauernkuchen. "Sensationell lekker und sensationell preiswert!" hört man sie alle die Backkünste der Senioren loben. Auch der Trechwitzer Reit- und Fahrverein ist immer wieder hin und weg davon. Denn zu deren wichtigen Veranstaltungen stehen die "alten Herrschaften" mit ihrem frischen Kuchen auch jedes Mal im Mittelpunkt.

Auch das Ausführen gehört zum Alltag in einem Reitverein

Wir sind alle schon mit Pferdeschwanz geboren!
Immer kurz nach Pfingsten zum Beispiel, wenn der Märkische Reit- und Fahrverein Trechwitz e.V. andere Klubs zum Pferdestärken-Messen einlädt. Zu Dressur- und Springprüfungen, zu buntem Markt-treiben, zum Reiterball und einer Menge Spaß. Da scharren nicht nur die 15 Pferde der Vereinsmitglieder mit den Hufen. "O ja, da werden auch wir in Vorstand und Verein ein wenig unruhig", erklärt Vorsitzende Christine Bredow die Situation. "Gute Vorbereitung ist schließlich das halbe Turnier."
So langsam haben die 87 Vereinsmitglieder bei der Turniervorbereitung und -durchführung Routine. Denn die restliche Zeit des Jahres verbringen sie auch nicht im erholsamen Trab. Da wird schon von einem Höhepunkt zum nächsten galoppiert. "Reiten ist kein Low-Budget-Sport. Bei 60 Euro Jahresbeitrag pro Mitglied kann man keine allzu großen Sprünge machen. Da muss man schon rotieren und zusätzliche Geldgeber auftreiben", beschreibt Christine Bredow einen Teil der ehrenamtlichen Vorstandsarbeit. Hinzu kommen Reparatur- und Ausbesserungsarbeiten an den Hindernissen, Fahrten zu Reit-Turnieren anderer Vereine, Ausritte, Übungsstunden, Striegeln, Füttern - und natürlich die Vorbereitung der verschiedensten Veranstaltungen. Gelungene mit glücklichen und zufriedenen Trechwitzern sind dann wie ein kleines Dankeschön: "Der Weihnachtsmarkt in der Reithalle ist nicht nur eine willkommene Einnahmequelle, sondern immer auch richtig schön!", schwärmt Christine Bredow. "Unsere Vereinskinder zeigen, was sie beim Reitunterricht gelernt haben, an festlich ge-schmückten Ständen werden Honig, Geschnitztes, Schmuck, Parfüm, Äpfel, Reiterbedarf und andere Dinge verkauft. Am Stand vom Kranichverein findet man interessante Bücher, Trödel und Kunst - und danach gibt es eine ordentliche Fete!" Ganz sicher mit den berühmten "Geschichten vom Pferd", über die kräftig gewiehert wird!

Eine Meerjungfrau ist uns noch nicht erschienen!
Ungestraft erlaubt sind die kleinen Lügen der Angler. Seit 1964 hat man sich ans Angler-latein in Trechwitz gewöhnt. Wenn auch die organisierte Anglergemeinde von ehemals 80 auf heute noch 30 Mitglieder geschrumpft ist. Günter Schellhase, der Vorsitzende, führt das darauf zurück, dass man heutzutage nicht mehr einem Verein angeschlossen sein muss, um angeln zu dürfen. "Der harte Kern hat sich gehalten. Wir sind auch ein bisschen überaltert, glaube ich." Da geht ein Strahlen über Joachim Rummlands Gesicht. Der "Rentner-Boss" weiß, Günter Schellhase und einige andere Angler sind schon über 60 und könnten damit bereits kräftig bei den Senioren mitmischen. "Ach nee, lass mal, wir Angler sind mehr oder weniger kauzig!", wehrt der 61jährige Schellhase ab. Als ob die ergrauten Damen und Herren nicht selber wüssten, dass man sich mit dem Älterwerden auch einige komische Angewohnheiten zulegt!
Dabei sind die Angler keine Feten-Muffel. Bei den Dorf-Highlights fehlen sie nie. Dennoch betont Günter Schellhase: "Wir Angler sind Individualisten. Wir suchen eher die Ruhe in der Natur, um die Seele baumeln zu lassen. Das ist ein so unbeschreiblich entspannendes Gefühl, morgens oder abends auf dem See zu sitzen und die Natur ringsum zu erleben."
Mit ihrer Satzung nehmen es die Hobbyfischer sehr genau: "Da steht unter anderem drin, dass wir uns um den Naturschutz kümmern und die Artenvielfalt der Fische erhalten wollen." Wie in vielen anderen Brandenburger Seen hat mit dem angestiegenen Algenwachstum auch im Netzener See der Weißfischbestand zugenommen. Diesen im Einklang mit der Natur zu reduzieren, darin sehen die 30 Trechwitzer Angelfreunde eine ihrer Aufgaben.

Wen der Jugendklub rauswirft, den nehmen wir!
Dass die Senioren hervorragende und verlässliche Kuchen-Bäcker bei allen wichtigen Veranstaltungen im Dorf sind, kann sicherlich nicht oft genug erwähnt werden. Dass sie aber noch mehr in ihrer 38köpfigen Truppe gebacken kriegen, muss man einfach mitteilen. "Dabei sind wir gar kein richtiger Verein", erklärt der Senioren-Chef Joachim Rummland. "Wir treffen uns auch ohne Satzung und Amtsgerichtseintragung regelmäßig und machen mit, wo wir gebraucht werden. Schließlich sind unsere Enkel beim Angelverein, bei den Reitern oder im Jugendklub, da ist gegenseitiges Unterstützen quasi Familiensache."
Seit 1990, als die Volkssolidarität im Dorf den Bach runter ging, organisieren die 60- bis 88jährigen ihre gemeinsame Freizeit alleine. Und bis heute klappt das wunderbar.
"Wir sind viel unterwegs, machen Fahrten mit dem Kremser, Fahrrad, Bus und Dampfer nach Berlin oder sonstwohin. Da staunt selbst der Bürgermeister! Und wir haben unsere festen Feste, die wir im Jugendklub feiern." Im Februar das Kappen- und Kostümfest, im April das Frühlingsfest, Sommerfest im Juni, Grillparty im August. Im Oktober wird sich für das Herbstfest in Schale geworfen, und im Dezember feiert man gemeinsam mit allen anderen Rentnern im Dorf gemütlich Weihnachten. Wenn der 72jährige Senioren-Chef mit viel Humor von den Treffs seiner Vereinsmitglieder erzählt, dann kann man sich ungefähr vorstellen, wie es ist, wenn alle 38 den aktuellen Dorftratsch und die neuesten Witze austauschen - einfach köstlich! Genauso wie der selbstgebackene Kuchen und der duftende Kaffee, mit dem sich die Oldies bei ihren Zusammenkünften auch mal selbst verwöhnen.

Die Artenvielfalt seltener heimischer Orchideen ist hier im Amt Emster-Havel zu bewundern

Ein dickes Dankeschön an Bauer Schulzes Schafe!
Der jüngste Trechwitzer Verein wird im November zwei Jahre alt. Für die meis-ten ist "Kranich e.V." einfach der Kulturverein. "Kultur ist neben der Na-tur einer unserer Schwerpunkte, das ist richtig. Wir fühlen uns jedoch für noch ein bisschen mehr zuständig", erklärt Vereinsvorsitzender Lutz Manzke und verweist auf den ganz offiziellen Vereinsnamen "Kranich - Bürgerverein für Kunst, Kultur, Natur und Tradition in Trechwitz e.V."
Die 15köpfige Gruppe um Naturschutzbundmitarbeiter Lutz Manzke, Bildhauer Frank Lippka, Theaterpädagogin Anna Elmiger, Töpfer Angelika Heinicke und Felix Lode unterstützt sämtliche Vorhaben der Gemeinde in Sachen Naturdorf. Lutz Manzke: "Wir haben hier so viele einmalige Naturschönheiten - seltene, wild wachsenden Orchideen im Naturschutzgebiet Rietzer See, einem einzigartigen Feuchtgebiet, mehr als 260 zum Teil streng geschützte Vogelarten, im Dorf nistet schon seit Jahrzehnten ein Storchenpaar."
Letzteres hat der Verein bereits zum zweiten Mal mit einem kleinen Storchenfest gefeiert. Neben ausgiebigen Führungen durch das Naturschutzgebiet organisieren die Kranich e.V. - Mitglieder auch Kirchenkonzerte, Theateraufführungen im Stroh für Kinder, Dorfzirkus oder interessante Vorträge.
Dabei erfährt man zum Beispiel, dass dank der Schafe von Bauer Schulze am Dorfrand wieder Sumpfknabenkraut, Steifblättriges und Breitblättriges Knabenkraut, zwei in Mitteleuropa kaum noch vorkommende Wiesenorchideenarten, wachsen. "Die alten Trechwitzer wissen das noch aus den 50er und 60er Jahren, da gab es die wilden Orchideen zuhauf", weiß Lutz Manzke. Beeindruckende Fotoausstellungen, zum Beispiel im Naturdorf-Info-Point am alten Kindergarten, mit Aufnahmen von den seltenen Tieren und Pflanzen in der Umgebung, stehen unter anderem auf der Vorhabenliste von Kranich e.V.

Wo brennt es denn?
In Trechwitz sind nicht übermäßig häufig Brände zu löschen, die Jungs von der Freiwilligen Feuerwehr aber ruckzuck da, wo sie gebraucht werden. Denn viele Feuerwehrmitglieder findet man gleichzeitig in den anderen Vereinen. Da darf man aufs nächste Jahr gespannt sein, wenn die Freiwillige Feuerwehr Trechwitz ihr 90jähriges Bestehen feiert. Eines ist sicher, da wird es nicht nur Kaffee und Kuchen geben!

 

 

 

 

 
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