Amt Emster-Havel
 
  Trechwitz  
     
 
 

Das gallische Dorf im Amtsbereich

 
 

Die Trechwitzer sind ir-gendwie anders als die anderen. Ein bisschen miss-trauischer, ein bisschen ehrlicher, verrückter, noch engagierter, eine verschworene Gemeinschaft und wohl auch ein bisschen schlitzohriger. Allen voran Bürgermeister Wolfgang Koßmehl. Der 46jährige Gärtner ist seit 1994 gewählter Bürgermeister im 350-Seelen-Dorf und schmeißt mit vier Gemeindevertretern den "Laden".

Wolfgang Koßmehl, haben Sie dabei auch schon mal daneben gehauen?

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht! Das sage ich so selbstbewusst, weil ich weiß, wie bei uns im Dorf Entscheidungen getroffen werden. Nämlich nur gemeinsam. Außerdem: bevor wir im Gemeinderat wichtige Be-schlüsse fassen, halte ich mein Ohr an die Masse, nicht zuletzt bei Einwohnerversammlungen. Dabei kriege ich ganz schnell den tendenziellen Willen meiner Trechwitzer mit. Und wenn es sein muss, pfeift mich meine Gemeindevertretung schon zurück. Wenn man wie wir keine Parteienpolitik, sondern gemeinsam Dorfpolitik macht, kann man gar nicht daneben hauen! Allerdings: Wenn ich überzeugt bin, dass etwas für unser Dorf gut ist, dann bin ich unerbittlich, lasse nicht locker, argumentiere und diskutiere solange, bis auch andere meinen Enthusiasmus teilen.

Wie äußert sich der Zusammenhalt im Dorf?

Am deutlichsten im Vereinsleben. Ich kenne keine Familie, aus der nicht mindestens ein Angehöriger aktives Mitglied in einem unserer Vereine ist. Nun gibt es eifrige Vereine überall im Land aber was wir hier gemeinsam auf die Beine stellen, ist beispiellos.

Der Taufengel der Trechwitzer Kirche hält seine schützende Hand über die Täuflinge

Das sagt ja nun jeder!

Dann nennen Sie mir auch nur einen Freizeit- und Jugendverein, den es mit denselben Leuten gibt, die ihn vor 30 Jahren gegründet haben! Unser Klaus Gaidecka hat den Jugendklub mit aufgebaut, jetzt ist er 50 und immer noch der Macher, also Vorsitzender des Vereins. Íhm und seinen Leuten verdanken wir die für unser Dorf werbewirksamsten Veranstaltungen. Schon legendär sind unser jährliches Osterfeuer und das aller zwei Jahre stattfindende Treckertreffen.
Oder nehmen Sie den Märkischen Reit- und Fahrverein. Der hat eine lange Tradition, veranstaltet Reit-Turniere vom Feinsten und sorgt damit über die Dorfgrenzen hinaus für einen guten Ruf unseres Ortes. Aber das alleine macht es nicht aus. Das Besondere ist, dass nicht jeder Verein für sich alleine wurschtelt, sondern bei Highlights alle zur Stelle sind. Das haut einfach hin, weil jeder Verein auf seine Art Verantwortung für unser Dorf übernimmt.

Was hat Trechwitz darüber hinaus zu bieten?

Einmalige Natur in erster Linie. Seltene Pflanzen, Tiere, Naturschutzgebiete - da liegt es mehr als nahe, Trechwitz zum Naturdorf zu machen. Und darauf richten wir auch alles aus. Unser Infozentrum im ehemaligen Kindergarten soll die gesamte Region und ihre Natur-Schönheiten allen Interessierten zugänglich machen. Wir nutzen unsere örtlichen Gegebenheiten und arbeiten nicht gegen sie. So haben wir uns beispielsweise erfolgreich gegen die Erschließung einer Kiesgrube und gegen den Bau eines Windparks gewehrt. Mancher hat uns da Starrköpfigkeit oder Kurzsichtigkeit vorgeworfen. Aber für uns passen 30-Tonnen-Sandkipper aller drei Minuten und Permanent-Geräusche von Windrädern nicht in ein Europäisches Vogelschutzgebiet und damit nicht zu sanftem Tourismus, den wir favorisieren.

Was bietet Trechwitz noch?

Unser Dorf hat eine wunderschöne Barockkirche. Sie ist ein architektonisches Juwel mit langer Geschichte nach Plänen des berühmten Architekten von Knobelsdorff mit einem Riesen-Taufengel, romanischen Fenstern und der ältesten Glocke im Land Brandenburg. Und wir haben einen eigenen Ortschronisten! Axel Bellin, mit seinen 28 ist bei uns schon zehn Jahre dabei die dicken alten Wälzer mit Tinte und Fotos zu füllen. Ganz akribisch schreibt er die Geschichten aus dem Dorf für die Nachwelt auf. Ob es nun um die Kiesgrube geht oder den Abwasseranschluß - da ist er dann ganz neutraler Protokollant. Übrigens kann man seine Arbeit alle zwei Jahre bei mir einsehen.

Das alles bleibt Trechwitz auch nach der Gemeinde- und Gebietsreform erhalten, warum sind Sie dennoch gegen die Auflösung des Amtes?

Weil dann unsere finanzielle Situation den Bach runtergeht. Wir haben uns dank unserer "Wir-backen-kleine-Brötchen"-Strategie auf Jahre eine solide finanzielle Basis geschaffen. Wir haben nicht auf Teufel komm raus unsere Flächen verkauft, sondern sie nur verpachtet. Damit fließen zwar keine großen, dafür aber regelmäßig kleine Summen in unsere Dorf-Kasse. Aber wen interessiert in einer Großgemeinde mit 12.000 Einwohnern ein 350-Seelen-Dorf wie Trechwitz? Die große Ämterlösung ist okay, aber unsere Eigenständigkeit aufgeben, die sich bewährt hat, warum? Deshalb lassen wir nichts unversucht und beteiligen uns auch an der Verfassungsbeschwerde gegen die Zwangseingemeindung. Wenn wir uns jetzt nicht zur Wehr setzen oder zumindest unseren Unmut bekunden, dann brauchen wir uns hinterher auch nicht aufzuregen.

Wolfgang Koßmehl, eine Sache passt so gar nicht ins Dorf …

Sie können nur das abgebrannte Haus an der ab-biegenden Hauptstraße meinen! Unser Schandfleck. Daran haben wir uns bisher die Zähne ausgebissen. Das ist ein Rückgabegrundstück, und der Alteigentümer macht daran einfach nichts. Wir suchen bereits nach der Gesetzeslücke, um diesen hässlichen Anblick loszuwerden, bisher jedoch erfolglos. Aber glauben Sie mir, es wird sich ein gangbarer Weg finden!

 

 
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