Mittenwalde
 
  Lieder und Gedichte aus Mittenwalde  
     
 
 

Der Dichter von "dummen, törichtem" Zeug

 
 
Vor St. Moritz steht das Paul Gerhardt Denkmal, als Ehrung Mittenwaldes an den großen geistlichen Poeten

Seine erste Pfarrstelle anno 1651 hatte sich Propst Paul Gerhardt anders vorgestellt. Mittenwalde, einst ein blühendes Städtchen, lag nach 30 Jahre Krieg, nach Brandschatzung und Tod, Plünderung und Pest, Armut und Hunger in Schutt und Asche.
Woher nahm bloß dieser unscheinbare geistliche Poet die Kraft, Gedichte und fromme Lieder zu schreiben, die Volkslieder wurden. "Geh aus mein Herz und suche Freud" oder "Der Tag ist nun vergangen, die güldnen Sternlein prangen" gaben den Menschen Trost, Mut und Zuversicht. Mit König und Kirchenhoheit in Fehde, vom Schicksal geprüft, sein erstes Töchterchen Marie Elisabeth starb im ersten Lebensjahr und seine Frau Anna Marie wurde gemütskrank. Doch trotz Kummer und Schmerz, trotz der unendlich aufreibenden Kirchenarbeit, schuf Propst Gerhardt in Mittenwalde die meisten und schönsten seiner 137 Lieder und Gedichte, die zu den bedeutendsten des 17. Jahrhunderts zählen. Fontane schrieb einst, dass eine einzige Liedzeile Gerhardts mehr wert wäre, als tausende Ministererlasse. Inspiriert von dem Christuskopf am Mittenwalder Altar schuf Gerhardt das Passionslied "O Haupt, voll Blut und Wunden", das Johann Sebastian Bach in seine Matthäuspassion aufnahm. Sein Abendlied "Nun ruhen alle Wälder" fand Friedrich II. zwar trivial, gestattete jedoch, es in die Gesangsbücher aufzunehmen: "Ein jeder kann bei Mir glauben, was er will. Wenn er nur ehrlich ist. Was die Gesangsbücher angeht, so stehet jedem frei zu singen: Nun ruhen alle Wälder oder dergleichen dummes, törichtes Zeug."
Den Mittenwalder Schülern sei es Trost und Hoffnung, dass man dem Schöpfer empfindsamer, schlichter, ausdrucksvoller Poesie, die zur Weltkultur zählt, auf dem Schulzeugnis im sächsischen Grimma im "sprachlichen Ausdruck" nur ein "erträglich" gab.

 

 

 
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