|
|
Ein
Blick vom Kirchturm über das
idyllische Mittenwalde
|
"Wer fährt denn schon nach
Mittenwalde? Niemand." So beginnt
eine der schönsten Liebeserklärungen
für das einstige Ackerbürgerstädtchen
und es war Theodor Fontane, der sie machte.
Bei seinen Wanderungen durch die Mark
hatten es ihm die Sagen und Geschichten
um das alte, versunkene Mittenwalde angetan,
das westlich der heutigen Stadt vermutet
wurde. Und genau dort pflügten Landwirte
immer wieder Scherben und Knochen aus
dem Boden, wo im Sommer 2004 Archäologen
schließlich ein altes slawisches
Gräberfeld aus dem 12. Jahrhundert
freilegten.
|
Auf
der Yorckstraße gelangt man
zum Stadttor
|
Aber die Slawen waren nicht die ersten
Siedler im Notte-Dahme-Spree-Gebiet. Vor
rund 10.000 Jahren siedelten sich in der
Altsteinzeit Jäger in dieser wilden,
wald- und sumpfreichen Gegend an. Germanische
Stämme waren nach der Zeitenwende
hier zu Hause, bis nach der Völkerwanderung
die Slawen herzogen. Sie waren wohl auch
die Namenspatrone von Mittenwalde, denn
die Siedlung lag nicht mitten im Walde,
vielmehr war es ein ausgedehntes Sumpfgebiet
und hieß wohl Middenwulche, was
das in etwa bedeutet.
Otto II. und Johann I. trieben seit 1352
etliche Städtegründungen voran,
so Berlin, Wusterhausen, Teltow und auch
Mittenwalde. Um das Datum der Stadtgründung
streiten sich bis heute nicht nur die
Gelehrten. Während die eine Partei
darauf verweist, dass Mittenwalde schon
1245 als markgräfliche Burg- und
Grenzstadt "Port der Mark und Schlüssel
des Landes (deshalb die Schlüssel
im Wappen neben dem brandenburgischen
Adler) gen Lusitz" war, verweisen
andere auf eine Urkunde aus dem Jahre
1307, wo Mittenwalde als "civitas",
also Stadt benannt ist.
Im Mittelalter durch den Handel vor allem
mit Salz an einer der wichtigsten Nord-Süd-Straßen
gelegen, ist Mittenwalde zu Reichtum gekommen.
Die Schatullen der Stadt waren so reich
gefüllt, dass sich selbst Berlin,
wie ein Pergament von 1562 belegt, 400
Gulden von den "ehrbahren und weisen
Bürgermeistern und Ratmannen der
Stadt Mittenwalde" zu 24 Gulden Zins
pro Jahr geliehen hatte. Urkundlich ist
eine Rückzahlung der Schuld nie nachgewiesen
und so warten die Mittenwalder bis heute
auf ein stattliches Sümmchen, das
jährlich mit sechs Prozent zu verzinsen
war. Weil sich die Schuld so alle zwölf
Jahre verdoppelte, steht Berlin heute
nicht nur mit seiner zweistelligen Milliardensumme
in der Kreide, sondern gegenüber
Mittenwalde mit etlichen Billionen.
|
Von
hier aus, dem Amtssitz im Paul-Gerhardt-Haus,
wird das Wohl ganz Mittenwaldes
mit seinen Ortsteilen gelenkt
|
Der mittelalterliche Kern des Ackerbürgerstädtchens,
der heute unter Denkmalschutz steht und
den die Kirche St. Moritz aus dem 13. Jahrhundert
gewaltig überragt, hat sich in den
Grundzügen erhalten. Vieles wird liebevoll
restauriert, auch von den Einnahmen, die
als bedeutendes Transport-Logistik-Zentrum
der Region Berlin-Brandenburg eingehen.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde
Mittenwalde gebrandschatzt und geplündert,
wüteten Pest und Hunger, so dass die
Stadt beinahe menschenleer war. Und es war
Propst Paul Gerhardt, der in seinen Predigten
von der Kanzel von St. Moritz den Menschen
Kraft, Mut und Zuversicht zusprach: "Auf
den Nebel folgt die Sonn, auf das Trauern
Freud und Wonn!". Der bedeutendste
geistliche Poet des 17. Jahrhunderts schuf
erbauliche, volkstümliche Lieder wie
das Abendlied, die noch heute gesungen werden:
"Nun ruhen alle Wälder,
Vieh, Menschen, Städt und Felder,
Es schläft die ganze Welt...
Auch der Name des Majors von Yorck, Held
der Befreiungskriege gegen Napoleon Bonaparte,
ist untrennbar mit Mittenwalde verbunden,
wofür ihn die Bürger mit ihrer
schönsten Straße vom Stadttor
bis zum Hausgrabenberg ehren. Heinrich
Mann machte die märkische Stadt im
Schlagschatten Berlins zum Schauplatz
einer Liebesromanze im Roman "Der
Untertan" und somit dem zur Weltliteratur
zählenden Werk auf allen Kontinenten
bekannt.
Zur Storchenstadt Mittenwalde gehören
die Dörfer Telz und Brusendorf, Ragow
und Schenkendorf, Gallun, Motzen und Töpchin,
jedes für sich voller Charme und
mit reichlich Raum für Entdeckungen
sowie touristischen Angeboten. Fontane
jedenfalls entdeckte in der märkischen
Streusandbüchse so manches schöne
Plätzchen und Mittenwalde, so meinte
der Romancier, hat Anspruch auf einen
Besuch in seinen Mauern, weil es eine
Geschichte hat - und was nicht weniger
wichtig ist - eine Zukunft.
|
|
So ungefähr
hat sich wohl Theodor Fontane, bei
seinen Wanderungen durch die Mark,
die Stadt Mittenwalde ihm dargeboten
|
Als Ackerbürgerstädtchen
sind natürlich auch Kornfelder
in der Umgebung und manchmal mit
Farbtupfern
|
|
|