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Der Kirchturm
von Brädikow
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Unter dem prosaisch-poetischen Namen
Wiesenaue vereinen sich seit Oktober 2004
vier Dörfer mit 797 Einwohnern. Die
Gemeinde Brädikow erscheint erstmals
1390 als Bredekow im Havelland, das 1805
seinen heutigen Namen erhielt. Dazwischen
lagen ereignisreiche Jahrhunderte. Den
Versuch von 1569 Hartwig II. von Bredow
für eine geschlossene Grundherrschaft
verband er mit hohe Abgaben und unangemessenen
Diensten der Bauern, die Widerstand leisteten.
Höhepunkt war der Fronstreik von
1579. Die Bauern gingen nicht auf die
Felder, obwohl die Ernte auf dem Halm
stand, setzten die Bredowschen Vögte
fest und bewaffneten sich. Der 30jährige
Krieg verwüstete das Dorf. Kaum dass
es aufgebaut war, plünderten die
Schweden Vieh und Hab und Gut der Dorfbewohner.
Im Laufe der Jahre erhielt Brädikow
durch stattliche Höfe und prächtige
Bauernhäuser sein heutiges Aussehen
mit Gartenland und Baumwiesen. Leider
erlitt das Dorf Ende des 2. Weltkrieges
starke Beschädigungen, weil ein deutscher
Ritterkreuzträger den Weiler unter
allen Umständen "halten"
wollte. Die Rote Armee entgegnete mit
Raketenwerfern (Stalinorgel), die starke
Zerstörungen anrichteten. Fast alle
Scheunen wurden von den Siegern niedergebrannt.
Lange nach dem Krieg wurden noch Blindgänger
auf den Feldern der LPG gefunden, die
sich bald auf Sauenhaltung spezialisierte
und soziale Einrichtungen in Brädikow
schuf. Heute stehen die Schweineställe
leer und verfallen. Schöne Bauernhöfe
sind zum Verkauf annonciert und finden
das Interesse von stadtmüden Berlinern,
die gern die Angebote des Reiterhofes
im Ort annehmen.
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Schätze aus
der Warsower Kirche sind in Berliner
Museen
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Warsow, zwischen Luch und Höhenzug,
war und ist ein reines Bauerndorf ohne
Gewerbe oder Industrie. Sein Name, 1541
erstmals erwähnt, lässt sich
vielleicht auf "Warse", also
"war ein See" zurückführen.
1541, so berichten alten Urkunden, hatte
der Ort 117 Einwohner, die sich als Runddorf
um den Dorfanger ansiedelten. 1683 wurde
die Kirche eingeweiht. Interessant in
der Dorfchronik ist ein Bericht über
den strengen Winter 1739, durch den sämtliche
Weinreben erfroren. In Warsow wurde also
früher Wein angebaut. Ab Mitte des
19. Jahrhunderts trugen durch Melioration
im Rhingebiet gewonnene Ackerflächen,
der Bahnbau und neue Chausseen zu umliegenden
Orten beste Grundlagen weiterer Ansiedelungen.
1872 wurde das alte Dorf abgerissen und
durch respektable Bauernhäuser ersetzt.
Seit 1913 erstrahlt in den Bauernhäuser
elektrisches Licht. 1947 wurden tausend
Hektar Großgrundbesitz unter 75
neuen Eigentümern, vor allem Umsiedler,
aufgeteilt.
So entstand bis 1951 das Dorf Jahnberge.
Auf dem Land der Siedlungsgenossenschaft
"Freie Scholle" von 1930 entstand
erst ein Lager für den Arbeitsdienst
und 1940 für Zwangsarbeiter aus dem
Osten. Das Neubauerndorf wurde nach dem
ehemaligen Jagdgebiet Jahnbergen benannt,
ein bewaldeter Dühnenzug, der sich
aus der Niederung erhebt. Das Naturschutzgebiet
erstreckt sich als Strichdüne über
einen Kilometer und birgt Fundstellen
von Feuersteinabschlägen, was auf
steinzeitliche Besiedelung hinweist. Die
Häuser für die Neubauern wurden
mit einem Kredit auf 99 Jahre errichtet.
Drei Zimmer mit Küche, für den
Stall wurde Holz aus dem eigenen Wald
geholt. 1953 eröffnete die Schule,
das spätere Gemeindeamt. Seit 1958
arbeiteten die meisten Bauern in der Genossenschaft
"Blühendes Luch", die Milch
und vor allem Hanf produzierte. Neben
den Enkeln der Neusiedler interessieren
sich auch Berliner für preiswerte
Grundstücke und verändern das
Bild von Jahnberge.
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Vietznitz - seit
1541 Kirchendorf
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Der vierte im Bunde der Gemeinde ist
Vietznitz, ein Reihendorf. Und so ist
wohl auch der Name des 1365 erstmals erwähnten
Ortes zu deuten, denn vicus kommt aus
dem Lateinischen und bezeichnete Häuserreihen.
Andere sehen im Slawenführer Vycenytz
den Namensgeber. Wahrscheinlicher ist
der Name vom slawischen "vysnica"
- hoch gelegener Ort - hergeleitet. Viele
Jahrhunderte gehörte das Rittergut
der Familie von Bredow. Das Schloss bauten
sie sich erst 1900. Ein Großfeuer
von 1833 äscherte viele Höfe
ein, verbrannte Kühe, Schafe und
Schweine, forderte ein Menschenleben.
Am Löschen des gewaltigen Brandes
beteiligten sich Wehren aus 16 Orten.
Seit Eröffnung der Eisenbahnstrecke
Berlin-Hamburg kämpften die Vietznitzer
um eine Haltestelle, der zur Jahrhundertwende
genehmigt wurde. Ein verschuldeter Freiherr
von Bredow verkaufte das Gut 1936, das
nach der Bodenreform auf 64 Eigentümer
aufgesiedelt wurde, denn es hatte viele
Flüchtlinge nach Vietznitz verschlagen.
Die Neubauern erfuhren von der Vereinigung
der gegenseitigen Bauernhilfe große
Unterstützung. 1954 wurde die LPG
gegründet und 1958 der MTS-Stützpunkt.
Heute ist die Agrargenossenschaft hoch
mechanisiert und bietet nur noch 30 Vietznitzer
Lohn und Brot. Einige von ihnen leben
im Schloss und feiern alljährlich
mit vielen Gästen im Juli das Backofenfest.
Unweit vom Dorfbackofen steht hinter dem
Kindergarten eine sehenswerte restaurierte
Fachwerkkirche. Die Straßen und
ihre Beleuchtung wurden in den 90er Jahren
erneuert, Trink- und Abwasserleitungen
verlegt.
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