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Hommage
an Eichwalde und die Kultur-Oase
"Alte Feuerwache": auf
Dr. Gisela Gränings Webstuhl
entsteht der 1,60m x 2,20m große
Teppich "Alte Feuerwache"
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Der Umzugs-Wunschzettel von Dr. Gisela
Gräning und ihrem Mann war 1998 sehr
anspruchsvoll: Rand-Berlin, Wald und Wasser,
unbedingt S-Bahnanschluss, ein bezahlbares
Haus mit genug Platz für Webstuhl,
Wolle und Wandteppiche sowie ausreichend
Ruhe und Raum nicht nur zum Wollefärben.
Eichwalde schien alle Wünsche zu
erfüllen. Dass sich die beiden langjährigen
Hamburger nun seit fast sechs Jahren hier
so richtig wohl fühlen, lässt
sie immer wieder von ihrer neuen Heimat
Eichwalde schwärmen. Wer die 52jährige
und ihre Kunstwerke kennen lernt, gerät
auch in selbiges. Wie nennt man das eigentlich,
was sie da macht? "Textilkunst. Ich
bin Textilkünstlerin", ist sich
Dr. Gisela Gräning ziemlich sicher.
Für die Reporterin jedoch eine viel
zu nüchterne Definition für
all das, was die gebürtige Kielerin
ihr da an Webstuhl, Farb-ästhetik,
Fingerfertigkeit, Intelligenz und Kreativität
präsentiert. Nun grübelt die
Künstlerin doch laut nach: "Na
ja, eine richtige Weberin bin ich ja nicht.
Fotografin? Auch nicht wirklich. Malerin?
Vielleicht bin ich das, nur eben mit anderen
Materialien." Noch. Denn die promovierte
Molekularbiologin kann sich durchaus vorstellen,
irgendwann auch zu Pinsel und Farbpalette
zu greifen.Fürs Künstlerische
schlug ihr Herz schon immer. Die Eltern
schlugen ihrer Tochter das aber erst einmal
aus dem Kopf.
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Schwerstarbeit
am Webstuhl: zur anstrengenden gebeugten
Sitz-Haltung kommt die hohe Konzentration
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Und auch der Traum vom Beruf als Bühnenbildnerin
war mit Realschulabschluss ausgeträumt.
Doch die junge Frau trieb der Ehrgeiz.
Sie erpaukte sich das Abi an der Abendschule
und versuchte ihr berufliches Glück
in der Molekularbiologie. So blieb der
Familienfrieden erhalten. Das ging jedoch
nicht lange gut. Denn Dr. Gisela Gräning
hat andere moralische und ethische Wertvorstellungen.
Ihr Gewissen meldet sich immer wieder
und wird stärker. Schließlich
kündigt sie ihre feste Stelle an
der Uni Hamburg. Mit Ende 30 entscheidet
sich die biologieerfahrene Frau Doktor,
endlich auf ihre innere Stimme zu hören
und dem künstlerischen Herzschlag
zu folgen. "Immer wenn ich bis dahin
in meiner Freizeit an meinem alten Webstuhl
saß, fühlte ich mich uneingeschränkt
wohl.
Das hölzerne Klappern, die Harmonie
der wunderbaren Naturfarben unter meinen
Händen, die Wärme der Wolle,
die künstlerische Einsamkeit, das
alles bedeutete für mich Glück
und Erfüllung." Mittlerweile
hat die Künstlerin in fast 100 quadratischen,
rechteckigen, großen und kleinen
Teppicharbeiten und zahlreichen Pappcollagen
ihre Gedanken, Gefühle und Forschungen
ausgedrückt. Ihre Arbeiten zeigt
sie auf Ausstellungen im In- und Ausland.
Und auch die Eichwalder konnten einen
Teil davon schon bewundern - 2001 in der
"Alten Feuerwache".
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Die
Künstlerin vor ihren Schöpfungen:
Auftragswerke, eigene Kreationen
und Bewerbungsteppiche
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Hier ist sie als Mitglied des Kulturbeirates
der Gemeinde und im Freundeskreis Alte
Feuerwache e.V. übrigens mitverantwortlich
für das ständige Kulturprogramm.
Das Leben von Dr. Gisela Gräning
ist in den vergangenen zwölf Jahren
im wahrsten Sin-ne des Wortes bunter geworden.
Und egal, wo sie auch hinfährt, den
Fotoapparat vergisst sie nie. Unterwegs
hält sie faszinierendes Gemäuer,
alte Wände, naturbelassene Felder
und unzählige andere beeindruckende
Motive fest. "Alles Ideen, Anregungen
oder Vorlagen für meine Kunst."
Und auch ein Säckchen hat sie immer
dabei. Das schluckt gesammelte Naturschätze,
mit denen die 52jährige ihre Schafwolle
färbt. "Die Krappwurzel ergibt
wunderbar warme Erdtöne, also braun
in allen denkbaren Nuancen. Walnussschalen
liefern Farben zwischen dunklem Braun
und hellen Sandtönen. Grau färbe
ich aus Galläpfeln - das sind die
kleinen Knubbel an den Eichenblättern,
und für die blaue Farbe verwende
ich Indigo." Fertig gefärbte
Wolle zu kaufen, käme für die
Künstlerin nicht in Frage.
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Einen
echten Gräning erkennt man
an den GG-Tüttelchen
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"Die Natur ist doch so einmalig!
Ich sammle oder kaufe die Pflanzen, ernte,
trockne, färbe und bin gespannt,
welche Farbe am Ende herauskommt. Das
ist ein Teil meiner Kunst." Dann
hat Gisela Gräning wohl auch keine
Lieblingsfarbe? "Doch! Eindeutig
Blau", zögert sie keinen Augenblick.
"Das ist für mich eine ganz
klare Farbe, sie symbolisiert für
mich Angekommensein."
Kein Wunder. Ist sie es doch beruflich
als Textilkünstlerin und privat in
Eichwalde.
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