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Alte
Geschichten und moderne Technik
- Robert Gordian schreibt seine
Romane auf dem Laptop
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Ständig ist er hinter den Frauen
her! Was anderswo zu Eifersuchtsszenen
führt, gefällt in seiner Familie.
Denn sowohl Ehefrau Doris als auch die
Töchter Nadja und Julia wissen, dass
es Frauenpersönlichkeiten aus der
Geschichte sind, die es ihrem Mann und
Vater besonders angetan haben. Robert
Gordian schreibt historische Romane. Spezialgebiet:
Antike und frühes Mittelalter.
Sie heißen Rosamunde, Romilda und
Xanthippe, waren Königin, Herzogin
und Ehefrau eines berühmten Mannes,
also wichtige, mächtige und einflussreiche
Frauen aus längst vergangenen Zeiten.
Aus Schul-Geschichtsbüchern erfährt
man oft nicht viel mehr als ihre Namen
und was sie zur historischen Persönlichkeit
gemacht haben soll. "Und genau da
wird es für mich erst wirklich spannend."
be-gründet der 66jährige seine
spät entdeckte Leidenschaft fürs
Geschichtsromaneschreiben. "War Xanthippe
tatsächlich die furchtbare, zänkisch-launenhafte
Frau an der Seite des Sokrates? Oder hätte
jede auf die Exzentrik des Philosophen
und die Aussichtslosigkeit, ihn zu ändern,
so reagiert wie sie? Ich habe wohl alles
gelesen, was aus dieser Zeit überliefert
wurde, und ich mag sie.
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Xanthippe war eine sehr sympathische,
kluge und vernünftige Frau."
Dasselbe erlebte der gebürtige Oebisfelder
bei den Recherchen zu seinem Roman "Die
ehrlose Herzogin". Ganze 20 Zeilen
existieren über die Frau aus dem
7. Jahrhundert. Die sind vernichtend und
sprechen von der Verräterin Romilda.
Notiert hat sie Paulus Diakonus, von dem
bekannt ist, dass er eine Aversion gegen
Arianer hatte. Romilda war Arianerin.
"Da wird doch die Frage gestattet
sein, ob das alles so stimmt. Und Aufzeichnungen
von einem einzigen Geschichtsschreiber
spiegeln nun einmal nur seine Sicht auf
die Dinge wieder." Also sucht Robert
Gordian weiter. Gräbt sich ein in
die Beschreibungen über die jeweilige
Zeit. Trägt zusammen, was Wissenschaftler
über jene Zeit erforscht haben: Aussagen
zu Gräberfunden, Kleidung, Nahrung,
Architektur oder Glaubens-trends. Daraus
entsteht sehr oft ein ganz anderes als
das bisher publizierte Ge-schichtsbild.
"Ach doch, da stellt man mitunter
schon die Geschichtsschreibung in Frage,
denn sie ist meist parteiisch. Aber etwas
anderes gibt es ja nicht, das uns vergangene
Zeiten näher bringt." Der Rest
ist Phantasie, gepaart mit logischem Denken.
Und natürlich Disziplin. Denn Robert
Gordian arbeitet zu Hause. In einem wunderbar
gemütlich eingerichteten Reihenhaus
mit Blick ins Grüne. "Das lenkt
mich glücklicherweise nicht ab. Das
Umfeld beflügelt mich eher. Zudem
bin ich aus meiner langjährigen Tätigkeit
als Fernsehspiel- und Drehbuchautor regelmäßiges
Arbeiten gewöhnt. Und da ich in Bildern
denke, beschreibe ich, was da vor meinem
geistigen Auge abläuft." Eine
wahre Zeitreise unternimmt Robert Gordian
da also jeden Tag. Aus dem hellen Wohnbereich
steigt er vom Heute die Treppe hinauf
und kommt in seinem Arbeitszimmer in der
Vergangenheit an. Dabei bin ich überhaupt
kein Gestriger. Ich lebe gerne im 21.
Jahrhundert.
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Gerät
Robert Gordian beim Schreiben ins
Stocken, schlägt er doch lieber
noch mal nach
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Schließlich sind es die besten
Zeiten, die wir je hatten. Die Le-bensumstände,
die technischen Erleichterungen, die Kultur
- das alles ist fantas-tisch. Nur beim
Schreiben lande ich eben immer wieder
im frühen Mittelalter!" Fasziniert
von den Querverbindungen, die er anhand
seiner Rechercheergebnisse herstellen
kann. Fasziniert, wie daraus plötzlich
ein klares Bild von Menschen, Vorgängen
und Zusammenhängen entsteht, die
bisher nur verschwommen wahrgenommen wurden.
Fasziniert, dass er viel-leicht als ers-ter
da-hinter steigt, wie es wirklich gewesen
ist. Dass er überhaupt bei der Ro-manschriftstellerei
angekommen ist, er-gab sich fast zwangsläufig
nach der Wende. Kein DDR-Fernsehen mehr,
also auch kein Bedarf mehr an Fernsehspielen
und Drehbüchern. Und schon gar nicht
von einem Mittfünfziger! Doch wenn
eine Tür zugeht, geht irgendwo wieder
eine auf. In dem Fall im wahrsten Sinne
des Wortes. Denn mit dem Mauerfall eröffneten
sich für Robert Gordian auch die
Buchhandlungen und Bibliotheken jenseits
der Grenze mit ihren wissenschaftlich-historischen
Buchschätzen, von denen er zu DDR-Zeiten
nicht einmal zu träumen wagte. "Das
hat mir Mut gemacht, etwas Neues zu beginnen.
Die erweiterten Recherche - Möglichkeiten
waren die Basis dafür." Der
Erfolg seit zwölf Jahren hat ihm
Recht gegeben. So dürfen wir gespannt
sein, welche historische Persönlichkeit
in einem seiner nächsten Romane ihre
Rehabilitierung erfährt. Vielleicht
wieder eine Frau?
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