Gemeinde Eichwalde
     
     
 
 

Bei Schlüpper-Uli haste eben allet jekriegt!

 
 
Ralph Ulrich an seinem Lieblingsplatz im Garten -
mit Blick auf die belebte Bahnhofsstraße
Ein Herz und eine Seele - Elisabeth und Ralph Ulrich

"Nee, nee, lass mal, für ein Original sind wir nicht berühmt genug!" winkt Ralph Ulrich ab. Bescheidenheit und Bodenständigkeit waren schon immer ihre Stärken. Ist das das Geheimnis ihres jahrelangen Geschäftserfolges schon zu DDR-Zeiten? Als sie in ihrem Laden hatten, was anderswo "Bück-dich-Ware" hieß oder gar nicht vorhanden war? "Vielleicht auch, ja. Aber das Wichtigste war wohl, dass meine Elisabeth und ich ein so gutes Team gewesen sind." Und es noch sind! Die beiden zu erleben, ist eine wahre Freude. Wieselflink huscht die kleine Frau zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her. Sie bringt Kaffee und Kuchen, erzählt ihrem Ralph dabei dies und das, fragt energisch nach. Wenn er nicht antwortet, wiederholt sie eben, was sie wissen wollte. Wenn es ihm zu viel wird, fällt er ihr einfach ins Wort. "Meine Frau erzählt alles bildlicher und ausführlicher, was man auch in drei Sätzen hätte sagen können", versucht der 72jährige sein ungalantes Verhalten zu entschuldigen. Für seine Elisa kein Problem. "Wir wissen doch nach all den Jahren, wie wir uns zu nehmen haben. Und selbst wenn wir uns richtig kappeln, dann ist nach zwei Stunden alles wieder im Lot. In der Natur gibt es doch auch nicht jeden Tag Sonne!" Sagt's, knuddelt liebevoll mit beiden Händen das schmaler gewordene Gesicht ihres Mannes, verschwindet kurz in der Küche und bringt noch ein paar vonseinen geliebten Süßigkeiten mit. "30 Pfund hat er abgenommen nach seinem schweren Herzinfarkt im Sommer." Jetzt vertreiben Traurigkeit und Sorge den sonst fröhlichen Blick der 73jährigen. Denn zum ersten Mal hatte Elisabeth Ulrich wirklich Angst um ihren Schatz. "Den ersten Infarkt 1987 hat mein Ralph nämlich auf die leichte Schulter genommen!" Das kann der nicht unkommentiert lassen: "Ich war doch vorher nie krank! Außerdem fuhr bei uns kein Lieferwagen vor, wenn ich nicht vorher in der ganzen Republik herumgefahren und bestellt oder abgeholt hätte, was unsere Kunden wollten." Elisabeth weiß das zu gut.

Schließlich konnte sie so ihren Kunden bis weit nach Berlin hinein all das verkaufen, was es anderswo nicht oder nur schwer gab. Oberbetten, Schlafdecken, Strümpfe, Pantoffeln, Badehandtücher - bei "Textil-Ulrich" in der heutigen Bahnhofstraße 78 in Eichwalde entdeckte man immer etwas derartig Rares.

Die Ulrichs "entdeckten" sich übrigens am Zeitungskiosk vor der ehemaligen Gaststätte in der Bahnhofstraße. Die junge Elisabeth unterhielt sich, wie es schon immer ihre Art war, fröhlich, ungezwungen und ganz natürlich auch mit Ralph und Zeitungsverkäufer Koch. Dem war gleich klar, dass Ralph sich dieses Mädel warm halten müsste. Das fand Ralph dann ganz schnell auch selber. "Elisa war sehr nett, bescheiden und hat mich nicht ausgenommen, sondern in Gelddingen immer mitgedacht.

Der Giebel des Ulrichschen Hauses in der Bahnhofstraße 78 - das Gebäude ist von 1898, der Stuck auch noch von anno dunnemals

Das kannte ich von meinen Mädchen vorher nicht. Ja, und 'ne Hübsche war sie natürlich auch!" Kess gibt die Hübsche zurück: "Na da hab ich ja wohl Glück gehabt, was?", um sofort zu ergänzen, "Er kann aber genauso froh sein. Ralph hat mich nie behandelt wie sein Eigentum, sondern immer wie seine Partnerin. So hatte ich mir immer meinen Mann vorgestellt." Ganz sicher waren sich beide dann zehn Jahre später. In Luckenwalde wurde geheiratet. Als Frau Ulrich stieg Elisabeth nun auch mit ins Geschäft ein. "Eine Freude war das, da konnten wir nach Herzenslust wirbeln." Sozusagen nebenbei wurde auch Sohn Fred groß, die Freiwillige Feuerwehr wusste seit 1955, dass sie auf ihr Mitglied Ralph Ulrich zählen kann und Elisabeth Ulrichs glockenklare Stimme sorgt seit 30 Jahren mit für den guten Klang der Eichwalder Chorgemeinschaft. Ja, die beiden gehören schon zu den bekanntesten und wohl auch beliebtesten Eichwaldern. Und das nicht nur wegen des einprägsamen Namens "Schlüpper-Uli". Wie der entstanden ist? Sie wissen beide nicht mehr wann, können sich aber noch genau an die Ge-schichte erinnern: Eine Kundin hatte im HO-Laden schräg rüber Slips in ihrer Größe im Regal liegen sehen und wollte diese kaufen. Doch sie bekam die wohl typischste aller DDR-Einkaufs-Antworten: Ha'm wa nich! Verärgert raus aus der HO, rein zu "Textil-Ulrich" und das soeben Erlebte schildern müssen eins gewesen sein. Worauf einem Ulrich-Stammkunden herausrutschte: Tja, bei Schlüpper-Uli kriegste eben allet. Die Geschichte verbreitete sich wie in Lauffeuer durch Eichwalde - und fortan hieß der Textilwarenladen von Ralph und Elisabeth Ulrich bei allen nur noch Schlüpper-Uli. "Eine bessere Reklame hätten wir doch gar nicht haben können, oder?"

 

 
Vorwort
Humboldt-Gymnasium
Leben im Wasserturm
Extravagante Kunst
Interview
Kirche mit neuen Tönen
SV Aljax Eichwalde e.V.
Robert Gordian
Textilkunst
Eichwalder Orginale
Thomas Natschinski
 
 
 
Übersichtskarte
 
 
 
 
Ausgabe06/07
nach oben >
< anderen Ort
< anderes Bundesland
< Home