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Blick auf den Markt
und die Kirche St. Nikolai in den
30er Jahren des 20. Jahrhunderts und
heute
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Die Stadt Pritzwalk befindet sich 2006
in einem ganz besonderen Jahr, denn die
Stadtgründung liegt nunmehr genau
750 Jahre zurück. Grund genug also,
noch einmal eine Reise zurück in
die Zeit zu unternehmen und in den Geschichtsbüchern
von Pritzwalk ein wenig zu blättern.
Die Gründung der Stadt verbindet
sich mit dem 23. Juli des Jahres 1256.
An diesem Tag verliehen die damaligen
Landesfürsten Johannes I. und Otto
III. der Stadt offiziell das Stadtrecht.
"An diesem Tag billigten die Hofnotare
Heinrich und Johannes im Namen ihrer Herren,
der Markgrafen Johannes und Otto den Bürgern
Pritzwalks die Rechte zu wie sie unsere
Bürger von Seehausen von altersher
gehabt haben." In der Urkunde wird
gleichzeitig von einem bereits existierenden
städtischen Rat (consules) gesprochen.
Wie sah es in der Stadt damals aus? Knapp
2.000 Einwohner gehörten vermutlich
in jener Zeit zur Stadt und es wurde,
so die Überlieferung, überwiegend
plattdeutsch (plattdütsch) gesprochen.
Plattdeutsch? Kurt Tucholsky sagte einmal
zu diesem Dialekt: "Das Plattdeutsche
kann alles sein: zart und grob, humorvoll
und herzlich, klar und nüchtern und
vor allem, herrlich besoffen..."
Was ist aus dieser Zeit und den Jahrhunderten
davor noch heute bekannt? "Nach der
Periode der Völkerwanderung, die
zum Abzug der germanischen Stämme
führte, wurde die Prignitz von Slawen
besiedelt. Die Wohngebiete der slawischen
Bauern glichen Inseln im Waldmeer."
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Das kaiserliche
Postamt um die Jahrhundertwende
19./20. Jahrhundert (oben) und heute
(unten)
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So suchten sich auch im Raum Pritzwalk,
vor allem in der Nähe der Dömnitz,
slawische Siedler ihre Wohn- und Ackerflächen,
die über mehrere Jahrhunderte genutzt
wurden. Nach einigen vergeblichen Anläufen
gelang es schließlich den Askaniern
in der Mitte des 12. Jahrhunderts, die
Prignitz zu erobern und endgültig
zu christianisieren. Mit den Rittern kamen
Bauern und Siedler aus Niedersachsen,
Franken, der Altmark und aus den Niederlanden,
so eine Stadtchronik die Geschichte der
Stadt.
Die Stadt entwickelte sich im Laufe der
Jahre insbesondere durch das ansässige
Handwerk und durch die gute Lage zu den
wichtigen Handelsstraßen nach Hamburg,
Wismar, Rostock, Parchim, Meyenburg, Lübeck,
die die Stadt kreuzten. Pritzwalk wurde
Mitglied der Hanse, einer Organisation
von niederdeutschen Fernkaufleuten, der
rund 70 große und 100 bis 130 kleinere
Städte angehörten. Diese Städte
lagen damals in einem Gebiet, das heute
sieben europäische Staaten umfasst.
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Der Pritzwalker
Bahnhof am Anfang des 20. Jahrhunderts
(oben) und heute (unten)
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Das Handwerk wurde zum wirtschaftlichen
Rückgrat und Handwerksmeister schlossen
sich zu Gilden zusammen. Zu Pritzwalks
bedeutendsten Gilden zählten die
Kaufmannschaft und die Tuchmacher. Weitere
Handwerker waren Bäcker, Schumacher,
Schneider oder der Schmied. Eine ganz
besondere Stellung in dieser Reihe nahmen
aber die Wollweber ein. Sie gehörten
zu den angesehensten und einflussreichsten
Gilden überhaupt. So entwickelte
sich auch ein regelrechter Konkurrenzkampf
zwischen den Wollwebern und den Tuchmachern.
Später entwickelt sich in der Stadt
die Kunst des Bierbrauens. Am 26. März
1462 vernichtete ein großer Brand
die Hälfte der Stadt. Durch den Zerfall
der Hanse, zu Beginn des 17. Jahrhunderts,
war auch die Blütezeit der Stadt
Pritzwalk zunächst vorbei. Der Dreißigjährige
Krieg und die in ganz Europa herrschende
Pest, machten auch vor der Stadt nicht
Halt. Die Tuchindustrie zur Zeit der Preußenkönige
im 18. Jahrhundert sorgte dann für
erneuten Aufschwung, ehe der Siebenjährige
Krieg die Besatzungszeit Napo-leons in
Brandenburg/Preußen und der verheerende
Stadtbrand von 1821 die Stadt erneut schwer
zeichnete. Pritzwalk entwickelte sich
aber wieder und vor allem die Landwirtschaft
und wiederum eine Tuchfabrik sorgten für
Arbeit in der Stadt und schließlich
auch Wohlstand. Dafür stehen beispielsweise
Unternehmerfamilien wie Draeger und Quandt.
Besonders das letzte Kriegsjahr 1945 wurde
fast schon zum Schicksalsjahr der Stadt.
Die Zerstörungen vor allem in der
Nähe des Bahnhofes waren enorm.
Wer heute allerdings durch die Straßen
der Stadt geht, kann sich an vielen aufwändig
restaurierten und liebevoll wiederhergestellten
Häusern erfreuen. Die Stadt hat nach
einer wechselvollen Geschichte einen einzigartigen
Charme und einen eigenen Charakter zurück
erhalten. Das klassizistische Rathaus,
erbaut 1821, das Salzmagazin welches das
heutiges Heimatmuseum ist und die spätgotische
Nikolaikirche von 1256 zählen zu
den ältesten historischen Bauwerken
der Stadt.
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