November 1889. Halb Markranstädt
hat sich nach Leipzig aufgemacht, um den
Gerichtsprozess gegen Fanny Schrön,
Tochter von Bürgermeister Moritz
Julius Schrön, mit zu erleben. Die
22jährige soll Mutter und Vater mit
Arsen vergiftet haben, wegen der hohen
Lebensversicherung. Angeblich ist sie
mit einem Schauspieler durchgebrannt.
Fanny Schrön erklärt sich für
unschuldig. Das Verhör beginnt. "Was
hat ihre Mutter am Erkrankungstag gegessen?",
will der Richter wissen. "Abends
aß Mama geräucherten Aal, trank
später Schokolade" - "Tranken
sie auch davon?" - "Nein"
- "Hatte ihr Vater nicht eine Schürze,
die mit Arsen präpariert war, zur
Vertreibung des Ungeziefers?" Fanny
gibt zu, dass der sie sogar über
die Gefährlichkeit der Schürze
aufgeklärt hat-te. Der Rich- ter
bohrt weiter: "Gaben sie ihrem Vater
auch eine Tasse Schokolade?" Fräulein
Schrön bejaht. "Und die Krankheits-erscheinungen
waren die gleichen wie bei der Mutter?"
Wieder
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Ein
zur damaliger Zeit viel beachteter
Prozess,
der teilweise für
Heiterkeit im Saal sorgte.
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Zustimmung. "Man hat im Magen der
Toten Arsen gefunden..." Fanny Schrön
kann dies nicht erklären, von der
Lebensversicherung über zwanzigtausend
Mark (damals ein kleines Vermögen)
will sie nichts gewusst haben. Über
80 Zeugen werden vernommen, darunter der
Hausarzt des Bürgermeisters, Dr.
Heine. Der gibt zu, dem 57jährigen
Arsen in kleinen Mengen als Mittel gegen
sexuelle Schwäche angeraten zu haben.
Griff seine Frau vielleicht auch danach
und versuchte gleichzeitig die Standhaftigkeit
ihres Mannes zu verbessern? Hat der Bürgermeister
vielleicht versucht, sie "feuriger"
zu machen? Der Prozess lieferte keine
eindeutigen Antworten, dafür teilweise
Erheiterung im Gerichtssaal. Fanny Schrön
wurde freigesprochen. Später kellnerte
sie in einem Leipziger Lokal. Es war immer
gut besucht, alle wollten die vermeintliche
Mutter- und Vater-Mörderin sehen
.