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Im Marienhof in Glienicke/Nordbahn, Karl-Liebknecht-Straße,
lebt seit 1967 Familie Felsenstein. Walter
Felsenstein (* 30. Mai 1901 in Wien;
8. Oktober 1975 in Berlin) war ein österreichischer
Regisseur. Felsenstein kam als Sohn eines
hohen Beamten bei der k.u.k. Österreichischen
Nordwestbahn in Wien zur Welt. 1918 übersiedelte
die Familie nach Villach, da der Vater
zum Vizechef der Österreichischen
Bundesbahnen aufstieg. Den Sohn zog es
zum Theater. Felsenstein begann seine
Laufbahn am Wiener Burgtheater, danach
war er von 1923 bis 1932 Theaterschauspieler
in Lübeck, Mannheim und Beuthen,
wo er erstmals Regie führte. Ab 1932
war er in Köln sowie Frankfurt/M.
und arbeitete von 1938 bis 1940 am Stadttheater
Zürich und kehrte 1940 mit Hilfe
von Heinrich George nach Deutschland zurück,
wo er von 1940 bis 1944 am Berliner Schillertheater
tätig war. Von 1945 bis 1947 arbeitete
Walter Felsenstein am Berliner Hebbeltheater.
Er gründete 1947 die Komische Oper
in Berlin nach 1905 (durch Hans Gregor)
zum zweiten Male und war bis 1975 ihr
Intendant. Am 23. Dezember 1947 wurde
die Komische Oper eröffnet - mit
der "Fledermaus" in der Regie
Walter Felsensteins. Er war einer der
erfolgreichsten Regisseure seiner Zeit.
Und nicht erst zu DDR-Zeiten, wie es das
gängige Bild von Walter Felsenstein
in der staatsoffiziellen Darstellung der
DDR war. Ab 1956 war Walter Felsenstein
Vizepräsident der Deutschen Akademie
der Künste der DDR.
Er erhielt nachfolgende
Ehrungen:
- Nationalpreis der DDR in den
Jahren 1950, 1951, 1956, 1960,
1970
- 1961 Ehrendoktor der Humboldt
Universität Berlin
- 1969 Verleihung des Karl-Marx-Ordens
in
Würdigung hervorragender
Verdienste
- 1971 Verleihung der Plakette
"Orpheus triumphant"
durch das
"Opera Consortium" in
Boston/Massachusetts
- 1972 Ehrenmitgliedschaft in
der
"Gesellschaft für Musiktheater"
Wien
- 1973 Verleihung der Ehrenspange
zum
Vaterländischen Verdienstorden
in Gold
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Der
Rundbau vom Marienhof
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Johannes
Bendik plante
damals den Marienhof
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Wegen seiner Ehe mit der Nicht-Arierin
Ellen Neumann (1905-1987), die er 1928
geheiratet hatte, war Felsenstein 1936
aus der Reichstheaterkammer ausgeschlossen
worden. Das Ehepaar hatte einen Sohn,
Peter. 1946 heiratete Felsenstein Maria
Westphal (1908-1987), mit der er zwei
Söhne hatte. Der älteste, Johannes
Felsenstein, wurde 1944 in Berlin geboren
und ist ein deutscher Intendant und Opernregisseur.
Er war ab 1973 Assistent bei seinem Vater.
1985 verließ er die Komische Oper
und arbeitete als Gastregisseur in Leipzig,
Weimar, Karlsruhe, Darmstadt, Aachen und
Saarbrücken. Von 1988 bis 1991 wirkte
er als Oberspielleiter und Chefregisseur
für Musiktheater in Bremerhaven und
wurde im Dezember 1991 als Intendant des
Landestheaters Dessau (heute: Anhaltisches
Theater Dessau) berufen. Von 1996 bis
zum Ende seines Vertrags 2009 hatte er
den Titel Generalintendant inne und wirkte
dort mit großem Erfolg. Johannes
Felsenstein wohnt in Glienicke/Nordbahn
im Marienhof. Er ist verheiratet und hat
zwei Töchter. Der zweite Sohn ist
der 1946 in Berlin geborenen Schauspieler
und Kapitän Dr. Christoph Felsenstein.
Er studierte Seefahrt und promoviert anschließend
über die Eisbergdrift bei Neufundland.
Seit 23 Jahren fährt er als Kapitän
auf Fracht- und Passagierschiffen in der
ganzen Welt. Schon als Kind stand er auf
der Bühne und spielte später
in Berlin, Hamburg und Salzburg am Theater.
Heute wohnt er in Berlin-Dahlem und verwaltet
das Ferienhaus seiner Familie auf Hiddensee.
Das Grab von Walter und Maria Felsenstein
befindet sich in Kloster auf der Ostseeinsel
Hiddensee.
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Aufnahme
des inzwischen denkmalgeschützten
Marienhof in Glienicke/Nordbahn
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Den Kulturoberen der DDR war es schon
lange ein Anliegen, ihren weltbekannten
Intendanten der Komischen Oper, Walter
Felsenstein, auch privat in der DDR wohnhaft
zu machen. Bislang hatte der österreichische
Staatsbürger - trotz Mauerbaus -
im westlichen Berlin-Dahlem seinen Wohnsitz
gehabt. Mitte der sechziger Jahre begannen
die Planungen, nachdem ein geeignetes
(und dem Bauherren genehmes) Grundstück
in Glienicke/Nordbahn gefunden war. 1966
war Baubeginn unter ungewöhnlichen
Privilegien. Nicht nur die Baupläne
waren großbürgerlich, auch
die Materialien waren vom Feinsten und
wurden, wenn es die Versorgungslage erforderte,
aus West-Berlin geholt. Der planende und
ausführende Architekt, der junge
Hochbauingenieur Johannes Bendik, besaß
einen Passierschein West für diese
Einkäufe. Die Anlage besteht zur
Straße aus einem langgestreckten
Gebäude mit Reetdach für die
Stallungen und Wirtschaftsräume,
denn Felsensteins besaßen Pferde
und Huskies. Dahinter befindet sich das
Wohnhaus mit insgesamt 450 Quadratmetern,
auch dieses mit Reetbedachung und ausgebautem
Dachboden. Im Garten gab es auch noch
Platz für ein kleines Schwimmbad
mit 6x12 Quadratmetern.
Neben dem planenden und ausführenden
Architekten Bendik war Ehefrau Maria Felsenstein
der "spiritus rektor". Der junge
Hochbauingenieur Johannes Bendik war durch
die Bekanntschaft mit zwei Sängerinnen
der Staatoper Berlin mit den Felsensteins
bekannt geworden und erhielt den Auftrag,
obwohl die politische Führung für
ihren Vorzeigeintendanten lieber einen
Vorzeigearchitekten wie Hermann Henselmann
gesehen hätte. Doch Zuckerbäckerstil
in der Karl-Liebknecht-Straße war
den Felsensteins eine Nummer zu groß,
um selbst darin zu wohnen. Da die Felsensteins
die gesamten Kosten aus eigener Tasche
bezahlten, hatten sie auch die Entscheidungsfreiheit.
Und so kam der damals 26-jährige
Johannes Bendik zu dieser nicht ganz unpolitischen
Verantwortung. Bendik wurde 1939 im Memelland
geboren und ist als Junge auf der Halbinsel
Wustrow aufgewachsen. Von dort ging es
1949 nicht freiwillig, sondern auf Befehl
der russischen Besatzer nach Kröpelin
bei Bad Doberan, später dann nach
Glienicke/Nordbahn. Es folgten sein Ingenieursstudium
in Erfurt bis 1962 und Examen als Architekt
1974 in Weimar, mit einigen Hindernissen,
da er aus "bürgerlichen Hause"
stammte. Als die eindrucksvolle Anlage
1967 bezugsfertig war, hatte der junge
Mann eine luxuriöse Wohnstätte
gefertigt, die in die Landschaft passt
und keinesfalls protzig wirkt. 1998 wurde
die Anlage unter Denkmalschutz gestellt.
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