Nur wenige Städte am Mittelrhein
weisen ein so geschlossenes mittelalterliches
Stadtbild auf wie Alt-Kaster. Margarethe
von Trotta drehte hier Teile ihrer Verfilmung
der "Jahrestage".
In den fünfziger Jahren sollte die
Abbaugrenze der Braunkohle 250 Meter vor
dem Ort verlaufen. Der Bürgermeister
aktivierte die Bürger, zog den Regierungspräsidenten
auf seine Seite und gab keine Ruhe. Weihnachten
1956 wurden die Planungen geändert,
Alt-Kaster war vor den Baggern gerettet.
An der Straßeneinmündung vor
dem Agathator markiert ein rot abgepflasterter
Streifen den Bereich des früheren
zweiten Tores. Man wollte schließlich
sehen, wer Einlaß in die Stadt begehrte.
Heute sind die Giebelhäuser durchnummeriert.
Ein neuer Briefzusteller hat's schwer:
Das erste Haus auf der rechten Seite einer
Straße trägt die Nummer 1,
das erste Haus auf der linken Straßenseite
trägt die höchste Nummer.
Jürgen Mitter vom Arbeitskreis Altstadt
Kaster e.V. erklärt bei einem Rundgang
den besonderen Kalender des Städtchens.
Höhepunkt des Jahres ist der Adventsmarkt
in den Häusern und Höfen der
Anwohner. Im Dezember wird jeden Abend
zum Angelusläuten ein Fenster von
Alt-Kaster festlich beleuchtet. Die Kinder
finden sich dort ein und werden mit Süßem
verwöhnt. Heiligabend schließlich
verteilen Ortsvorsteher und Bürgermeister
am Agathator selbstgebackene Plätzchen
an die Einwohner.
Doch es gibt auch Handfestes inmitten
der Beschaulichkeit. Die Alt-Kasteraner
Hauptstraße markierte über
Jahrhunderte den "Bieräquator"
als Trennungslinie zwischen Alt- und Kölsch-trinkern.
Erst mit der Umsiedlung drängten
sich Alttrinker in den Kölsch-Bezirk
Kaster. Heute wird diese Glaubensfrage
in den Kneipen friedlich gelöst.
An der Ecke Wallstraße/ Hauptstraße
führt Anneliese Wallenfang seit über
50 Jahren ihren Tante-Emma-Laden. Da ist
immer Zeit für ein Pläuschchen.
Der Altstadtverein hat den Vikariegarten
als Nutz- und Ziergarten wieder belebt
und setzt sich für den Wiederaufbau
des Brotbackhauses in der Kirchgasse ein.
Auch der Werwolf von Epprath hat Spuren
in Alt-Kaster hinterlassen - einen schön
beschilderten Wanderweggibt es dazu. Nicht
zuletzt ist das Städtchen Rast für
Fahrradtouren und Wanderungen. Ich habe
mich jedenfalls in Alt-Kaster verliebt
und habe den Vorteil, dass ich in zehn
Minuten ins Mittelalter eintauchen kann