Unser Panketal
 
  Ein seltenes Hobby – Kurioses aus der Geschichte Panketals  
     
 
 

„Vorsicht an der Bahnsteigkante!“

 
 

Wolfgang Rexzeh ist Eisenbahner mit Leib und Seele. Viele Zepernicker können sich noch an den Hobby-Kleinbahnhof „Neu-Wiek“ erinnern, den er bis 1996 in der Moselstraße betrieb. Vor 40 Jahren wurde der erste Kleinbahnwagen dort abgeladen. In den darauf folgenden 25 Jahren wuchs die Sammlung an interessanten Exponaten stetig an. Regelmäßig gab es Tage der offenen Tür, an denen Wolfgang Rexzeh seine liebevoll gepflegten und restaurierten Sammlerstücke den eisenbahnbegeisterten Gästen präsentierte. Modelleisenbahnen zu sammeln ist ein weit verbreitetes Hobby. Eine richtige Kleinbahn im Garten zu haben, ist dagegen eher exotisch.
1970 hatte der pensionierte Lokführer mit seiner Frau ein Gartengrundstück von der Gemeinde gepachtet. Da er sich den Bau eines massiven Bungalows nicht zutraute und auch nicht über die nötigen Verbindungen zur Beschaffung von Baumaterial verfügte, hatte er die Idee, einen ausrangierten Kleinbahnwagen als Laube aufzustellen. Da zu dieser Zeit die Rügensche Kleinbahn auf dem Streckenabschnitt Bergen Ost – Wittower Fähre stillgelegt wurde, erkundigte sich Rexzeh dort, ob er einen Wagen erwerben könne. Eigentlich waren alle schon verkauft, aber er hatte Glück – ein Käufer war abgesprungen. So kam der Bahner zu einem Personenwagen.

Halt am Bahnhof „Neu-Wiek“ in Zepernick
Rexzeh und seine Motordraisine auf seinem
Grundstück in Zepernick

Viele werden sich nun fragen, wie es zu DDR-Zeiten möglich war, den nunmehr privaten Wagen von Rügen nach Zepernick zu bekommen? „Das war nicht einfach“, schmunzelt Rexzeh. „Üblich war eigentlich, dass man nur den Kasten bekam, ohne Unterteil. Ich wollte aber den kompletten Wagen auf einem Stück Gleis in meinem Garten aufstellen. Ich musste etliche Male nach Rügen reisen. Mal war die Rangierlok defekt, mal stand kein Güterwagen zum Transport zur Verfügung.“ So lernte er mit der Zeit die Kollegen vom Bahnhof Bergen kennen. Und so ergab sich, „dass ich auch noch einen Gepäckwagen kaufen konnte“. Im Februar und März 1971 wurden beide Wagen auf Güterzügen nach Bernau transportiert. Vom dortigen Bahnhof ging es weiter mittels Schleppachse und Schleppkran bis nach Zepernick.
Jetzt fehlte eigentlich nur noch die Lok. Im Frühjahr 1973 fuhr Rexzeh mit einer Diesellok auf der Strecke nach Wismar und sah in Glöwen einige abgestellte Lokomotiven der ehemaligen Ost- und Westprignitzer Kreiskleinbahnen, darunter auch die 99 4503, die ihm besonders gefiel. „Meine vorsichtigen Erkundigungen, ob eine Chance bestünde, eine Lok zu kaufen, verliefen nicht sehr aussichtsreich.“ Die Reichsbahndirektion Schwerin verwies ihn schließlich an das Ministerium für Verkehr. Nach persönlicher Vorsprache und Antragstellung wurde ihm – „Ich hätte es nicht für möglich gehalten!“ – die Lok schließlich verkauft. Nun begann erneut die Herausforderung des Transports. Nachdem alle Genehmigungen beisammen waren, erfolgte die Verladung im Dezember 1974. Mit einem Flaschenzug zog Rexzeh mutterseelenallein die halbe Nacht lang die Lok auf einen Flachwagen. Drei Tage später kam sie in Berlin-Buch an. Aus dem geplanten Weitertransport per Tieflader wurde zunächst nichts.

Es dauerte drei Monate, bis der leidenschaftliche Eisenbahner einen Betrieb fand, der die Überführung nach Zepernick realisieren konnte. Als die Männer die Lok schließlich über eine Rampe vom Tieflader in den Garten rollen ließen, stand sie mit dem Führerstand im Pflaumenbaum. „Sie musste noch um rund 70 Grad gedreht werden, damit wir sie später an den Zug fahren konnten. Bei der Drehung der Lok half mir meine Mutter.“ In zehnstündiger Arbeit gelang es mit den Methoden antiker Baumeister, also unter Zuhilfenahme von Rollen und Winden, die Lok in die richtige Position zu hieven. „Als ich hinterher meinem Chef davon Bilder zeigte, meinte er nur, dass es wohl keine Arbeitsschutzvorschrift gäbe, gegen die ich nicht verstoßen hätte.“
Zwar fuhr die Lok nicht mehr mit Dampf, aber sie konnte mit Druckluft betrieben werden. Und die Gewichtsbremse war voll funktionstüchtig. Zum Bestand der Hobby-Kleinbahn gehörten auch eine Motordraisine mit Hänger, Baujahr um 1934, eine Hebeldraisine sowie ein Schienenmoped. Fahrzeuge allein machen natürlich noch keinen Bahnhof aus. 1977/78 wurde ein Bahnsteig angeschüttet und Laternen aufgestellt. Es gab außerdem ein Stationsgebäude, Läutewerke, ein Ausfahrsignal und eine Bahnhofsuhr. „Ohne die Hilfe und Unterstützung der Kollegen und Hobbyfreunde hätte ich das alles nicht bewerkstelligen können“, erinnert sich Rexzeh.
Heute befinden sich die meisten Stücke seiner Sammlung im Eisenbahnmuseum Gramzow. Seit 1992 war der Eisenbahnfan mit den Leuten aus Gramzow in Kontakt und hatte sich 1994 erstmals an einer Ausstellung beteiligt. Da die Pacht für sein Grundstück nach der Wende Jahr für Jahr anstieg und abzusehen war, dass er sein aufwendiges Hobby irgendwann aus Altersgründen aufgeben musste, bot er dem Gramzower Museum an, die Sammlung zu übernehmen. Nachdem 1996 alles abtransportiert worden war, wurde der Garten wieder hergestellt. 1998 kam dann ein Rückübertragungsanspruch. Ein Jahr später übergab Rexzeh das Grundstück an den neuen Besitzer. Heute findet man dort keinerlei Eisenbahn-Spuren mehr.

 
 

 

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