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Wolfgang Jung,
49, ist verheiratet und hat zwei
Söhne. Seit 1994 ist er Bürgermeister
von Groß Behnitz.
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"Kein Ausdruck von Demokratie"
"Herr Jung, auch in Groß-Behnitz
hat sich viel verändert. Was ist
Ihnen besonders wichtig?"
"Wir haben innerhalb des Programms
für die Dorferneuerung etwa drei
Millionen DM investiert. So bekamen Straßen,
Plätze und das Dorfgemeinschaftshaus
ein neues Aussehen. Im Gemeinschaftshaus
haben der Heimatverein und die Gemeindevertretung
ihren Sitz. Dank der großen Gemeinschaftsarbeit
aller Bürger, möchte ich von
einem völlig intakten Dorf sprechen."
"Auch Groß-Behnitz soll
eingemeindet werden. Wie sehen Sie das?"
"Außer dem Heimatverband,
haben wir die Feuerwehr sowie den Angler-
und den Fußballverein. Sie kämen
dann nicht mehr in den Genuss von Geldern,
die nur für die Förderung ländlicher
Gebiete vergeben werden. Damit wäre
ihr Weiterbestehen gefährdet. Das
Gleiche trifft auch für den Unterhalt
der Immobilien zu. Es ist für mich
auch eine große Enttäuschung,
wenn jahrelange, engagierte, ehrenamtliche
Tätigkeit vieler Menschen dann fremdbestimmt
werden soll. Die überwältigende
Mehrheit der Bürger hat sich auch
gegen die Eingemeindung ausgesprochen.
Außerdem ist diese Reform überhaupt
kein Ausdruck von Basisdemokratie, denn
die Bürger verlieren einen großen
Teil ihres Einflusses auf die Kommunalpolitik."
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Heinrich Stumpp,
64, ist verheiratet und hat eine
Tochter. Seit dem Jahr 2000 ist
er Bürgermeister von Retzow.
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"Die eigenen Interessen in
Gefahr"
"Herr Stumpp, was wurde seit
der Wende für die Gemeinde erreicht?"
"Da ein großer Nachholebedarf
bestand, ist sehr viel gebaut worden.
Straßen, Bürgersteige und die
Straßenbeleuchtung wurden erneuert.
Natürlich haben die Bürger auch
neue Häuser gebaut, sowie
viele verschönert. Auch die gesamte
Telekommunikation wurde auf den neuesten
technischen Stand gebracht. Besonders
liegt mir unser Kindergarten am Herzen,
den wir von Grund auf renoviert haben.
Die Gemeinde ist schuldenfrei und unser
Haushalt ist durch die verantwortungsvolle
Arbeit unserer Gemeindevertreter ausgeglichen."
"Was bedeutet nun die Gemeindegebietsreform
für das Dorf?"
"Zunächst möchte ich feststellen,
dass nach der Stellungnahme der Bürger,
sich 100% gegen eine Eingemeindung in
das Amt Nennhausen ausgesprochen haben.
1992 wurde das Amt Nauen-Land gebildet
und in den letzten zehn Jahren haben sich
die Orte zusammengerauft. Bei einer Eingemeindung
hätten wir vielleicht nur ein oder
zwei Stimmen und würden so überstimmt
werden. Dann könnten wir unsere eigenen
Interessen nicht mehr wahrnehmen. Vieles,
was in den letzten Jahren geschaffen wurde,
könnte nicht mehr erhalten werden.
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Erich Ball, 49,
ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Seit 1994 ist er Bürgermeister
von Selbelang.
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"100 % der ´Altbürger`
dagegen"
"Herr Ball, was hat sich denn
in den letzten zehn Jahren in der Gemeinde
verändert?"
"Für unsere vier Ortsteile
wurde ein Gemeindehaus gebaut, das von
den Bürgern gern genutzt wird. Die
Straßenbeleuchtung wurde erneuert,
Freileitungen in die Erde verlegt. Außerdem
haben wir eine eigene Wasserversorgung
und eine Kläranlage ist geplant.
Besonders wichtig ist mir, dass sich an
den Wohnungen und Grundstücken nicht
andere bereichert haben. Den Einheimischen
wurde über Kredite ermöglicht,
hier Eigentum selbst zu erwerben.
"Welche Auswirkungen wird denn
nun die Eingemeindung haben und was sagen
die Bürger dazu?"
"Wir können dann nicht mehr
frei über unsere Mittel verfügen,
da Nauen hoch verschuldet ist. Auch die
Hebesätze werden sich nicht positiv
verändern. 100% der "Altbürger"
und 71% aller Bürger haben sich gegen
die Eingemeindung ausgesprochen, was ein
eindeutiges demokratisches Votum ist.
Das Wasserwerk, der Sportplatz sowie 23
Hektar sind Gemeindeeigentum. Auf weiteren
43000 m2 haben wir noch etliche Projekte
vor, um auch den Jugendlichen eine Perspektive
zu geben. Alles das sehen wir dann stark
gefährdet."
"Wenn dem Volke alle Teilnahme
an den Operationen des Staates entzogen
wird, wenn man ihm sogar die Verwaltung
seiner Kommunalangelegenheiten entzieht,
kommt es bald dahin, die Regierung
teils gleichgültig, teils in
einzelnen Fällen in Opposition
mit sich zu betrachten."
Karl Reichsfreiherr von und zum Stein
Preußischer Minister von 1804-1808 |
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"Das
zudringliche Eingreifen der Staatsbehörden
in Privat- und Gemeindeangelegenheiten
muß aufhören, und dessen
Stelle nimmt die Tätigkeit des
Bürgers ein, der nicht in Formen
und Papier lebt, sondern kräftig
handelt, weil ihn seine Verhältnisse
in das wirkliche Leben berufen und
zur Teilnahme an dem Gewirre der menschlichen
Angelegenheiten nötigen."
Karl Reichsfreiherr von und zum Stein
Preußischer Minister von 1804-1808 |
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