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Einzigartige Bauweise
- das Umgebindehaus
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Sie fallen auf. Sie sehen umwerfend
gemütlich aus, die schmucken Häuschen
im Fachwerk-Baustil in Karaseks Revier.
Aber irgendwie sind sie mehr als Fachwerk.
Denn im Erdgeschoss sind Holzbalkenkonstruktionen
wie von außen angesetzt, kann das
sein? Es kann. Das ist das Typische der
Umgebindehäuser. Diese unverwechselbare
Bauweise prägt die Oberlausitz, Teile
Nordböhmens und Niederschlesiens
wie nirgendwo anders in Europa.
Umgebindehäuser sind keine Meisterleistung
hochbegabter und kreativer Architekten,
sondern echte Baukunst einfacher Dorfhandwerker.
Sie sind Häuser, vor deren Blockstubenwänden
eine Stützkonstruktion aus Holz,
also das Umgebinde, steht. Es trägt
das Dach oder ein weiteres Stockwerk und
leitet diese Last auf das Fundament ab.
Damit werden die Blockstubenwände
nicht belastet.
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Mit viel Liebe
hergerichtete Umgebindehäuser
prägen die Oberlausitz, Teile
Niederschlesiens und Nordböhmens
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Der Ursprung diese Bauart wird den Slawen
zugeschrieben. Sie besiedelten ab dem
5. Jahrhundert den böhmischen und
Oberlausitzer Raum und beherrschten den
Bau von Blockstuben. Die später hinzu
gekommenen germanischen, meist fränkischen,
Siedler verstanden sich dagegen mehr auf
Fachwerkbau. Bald erkannte man, dass im
Lausitzer Klima die Blockbauweise wesentliche
Vorteile hat, Fachwerkbau aber schneller
und holzsparender zu bewerkstelligen ist.
Flugs vermischten sich beide Bauarten
zur typischen Oberlausitzer Bauweise Umgebindehaus.
So genannt wurde sie in den ersten Aufzeichnungen
und Bildnachweisen aus dem 15. Jahrhundert
jedoch noch nicht. Erst 1897 führte
der sächsische Hausforscher O. Gruner
den Begriff "Umgebinde" ein.
Er bezog sich dabei auf Benennungen wie
"Umbschrut" aus Stadtrechnungen
des damaligen Reichenberg, dem heutigen
Liberec.
Die meisten heute zu besichtigenden Umgebindehäuser
entstanden übrigens im 18. und 19.
Jahrhundert. Die Ausführung verrät
sehr viel über den Bauherren. Jedes
Umgebindehaus hat einen Mittelflur und
eine oder zwei Block-Wohnstuben im Erdgeschoss.
Wer neben Leineweberei, Schuster- oder
anderen Handwerksarbeiten auch Landwirtschaft
betrieb, baute nur eine Block-Stube.
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Besonderer Blickfang:
reich verzierter Sandstein-Türstock
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Auf der anderen Seite des Mittelflures
waren dann die nötigen Stallungen
und Abstellräume. Flur- und Stallzonenbereich
waren meist gemauert. Ohne Landwirtschaftsbetrieb
konnte auf beiden Seiten des Mittelflures
eine große Wohnstube gebaut werden.
Seit den Oberlausitzern bewußt wurde,
welch wertvoller, einmaliger, unverwechselbarer
Schatz ihre Volksbauweise Umgebindehaus
ist, bewahren sie ihn mit viel Liebe und
Sorgfalt. Mancher gestaltet das Umfeld
wieder wie zu Ur-Ur-Großmutters
Zeiten. Damals waren die Häuser mit
Stroh gedeckt, besaßen Holzdachrinnen,
eine Leiter hing an der Hauswand und im
Garten standen Schöpfborn oder Plumpe.
Typisch auch die gemütliche Gartenbank,
vergleichbar mit der norddeutschen Friesenbank,
sowie ein gepflegter Vorgarten hinter
Staketenzaun.
Noch heute weiß man die Vorteile
des Umgebindehauses zu schätzen.
Die hölzerne Block-Stube gleicht
die oft recht plötzlichen Klimaschwankungen
in der Oberlausitz sehr gut aus. Im Sommer
ist sie angenehm kühl, im Winter
hält sie die Wärme sehr gut
im Innern. Wahre Prachtstücke von
Umgebindehäusern ganz unterschiedlichen
Bautyps findet man heute sehr viele in
Karaseks Revier: in Dittelsdorf, Leutersdorf,
Ebersbach, Seifhennersdorf, Jonsdorf oder
Waltersdorf (hier entdeckt man zudem prunkvolle
Haus-eingänge aus Sandstein). Allein
in Obercunnersdorf sind 260 Umgebindehäuser
zu bestaunen. In Nordböhmen fallen
sie auch wegen ihrer besonderen Verschieferungen
auf. Gerade im Tschechischen warten noch
einige Schmuckstücke auf ihre Sanierung.
Es bleibt zu hoffen, daß auch dort
bald der Elan und vor allem das Geld vorhanden
ist, diese Kleinode wieder herzurichten.
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