Jüterbog
 
  500 Jahre Reformation  
     
 
 

Geschichte ist Jüterbogs Stärke

 
 

Mächtig erhebt sich der Doppelturm aus der Ebene des Fläming. Eine Landmarke, die schon deshalb sehr einprägsam ist, weil die Türme zwei sehr unterschiedliche Dachkonstruktionen tragen. Der eine trägt eine Uhr unter einer achteckigen Dachkonstruktion, der andere schließt mit einer Pyramide aus Pirnaer Sandstein ab. Fragt man die Jüterboger, ist diese bemerkenswerte gotische Kirche St. Nikolai nicht nur ein unübersehbares Merkmal der Stadt, sie spielt auch im Zusammenhang mit der Reformation eine wesentliche Rolle.
Wie das? fragen sich Fremde. Immerhin liegt die Wittenberger Schlosskirche, an deren Tür Martin Luther vor knapp 500 Jahren seine 95 Thesen nagelte, rund 40 Kilometer entfernt. Ja aber, erhält der Zweifler dann Aufklärung, in Jüterbog lebte und agierte der Ablasshändler Johann Tetzel, der Seelenheil auf ganz besondere Weise feilbot. Gegen Geld konnte man sich seiner Sünden entledigen. Tetzel, der seine Einnahmen in einem beachtlichen Holzkasten aufbewahrte, erläuterte sein Prinzip mit einem einzigen Satz: "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt". Ein einfaches Rezept, das auch Bürger aus Wittenberg nach Jüterbog lockte, weil sie das Joch ihrer Sünden loswerden wollten. So kam es Luther zu Gehör. Der kritische Kirchenmann regierte mit dem bekannten Protest.
Was hat aber nun St. Nikolai damit zu tun? Es ist eine größere Kiste, die in einer Seitenkapelle ihren Platz gefunden hat. Sie bildet die Beziehung, der so genannte Tetzelkasten. Er ist groß, aus einem Baum gemacht und dennoch merkwürdig unscheinbar. Die Jüterboger hat er zu dieser verwegenen Behauptung gebracht: Ohne Jüterbog und seinem Ablasshändler gäbe es keine Reformation. Luther hätte ja keinen Grund gehabt aufzubegehren.
Fest steht aber immerhin, dass Jüterbog es schon bald mit der Reformation zu tun bekam. Schon 1519, also nur zwei Jahre nach dem Anschlag der 95 Thesen Luthers, trafen frühe Schüler des Reformators in Jüterbog ein und fanden viel Resonanz. So verbreitete sich die neue Lehre in der Stadt bereits heimlich vor der Konfessionsfreiheit, die ab 1540 galt.
Alles in allem ist es also nicht verwunderlich, dass sich auch Jüterbog auf das 500. Jubiläumsjahr der Reformation vorbereitet. Bis 2017 ist zwar noch etwas Zeit, aber schon jetzt sind die ersten Vorbereitungen angelaufen. Kernstück der bisherigen Planungen ist ein Pilgerweg zwischen Jüterbog und der zentralen Wirkungsstätte des Reformators Wittenberg. Er zeichnet die historische Spur nach und berührt mit der Tetzelkapelle und mit St. Nikolai zwei wichtige Punkte auf dem Lebensweg des Ablasshändlers, der mit seiner geldgierigen Methode Martin Luther erregte - und ganz sicher ein Anlass für ihn war, kritisch über seine Kirche nachzudenken.

 
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