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Eberswaldes Nummer
eins unter den Obussen
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In den vierziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts fuhr dieser Obus vom
deutschen Typ MPE I mit der Wagennummer
1 durch Eberswalde. Gebaut wurde er
im Jahr 1940. Das Fahrgestell stammte
von der Firma MAN in Nürnberg und
die Aufbauten fertigte die Firma Schumann
in Werdau i.Sa. Die elektrische Ausrüstung
wurde von der Firma Brown, Boveri
und Cie. AG (BBC) in Mannheim geliefert.
In der Bombennacht vom 24. zum 25.
April 1945 wurde der Obus nach einem
Bombentreffer schwer beschädigt. Erst
ein halbes Jahr später, genau am 15.
Oktober 1945 konnte er wieder seinen
Dienst in der Stadt aufnehmen. Im
Juli 1949 wurde er defekt abgestellt.
1950 erfolgte dann ein Umbau zu einem
Kraftomnibus mit Holzvergasermotor
auf einem Daimler-Benz-Fahrgestell.
Der Bus befuhr dann die Linie von
Eberswalde nach Nordend. Im Volksmund
wurde er liebevoll "Jumbo" genannt.
Die heutigen Fahrzeuge kommen von
der Automobilfabrik Gräf & Stift AG
Wien, einem Tochterunternehmen von
MAN Nürnberg. Links im Bild ein moderner
Niederflur-Obus vom Typ NGE 152 M17,
Baujahr 1994. |
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Totgesagte leben
länger: Der Obus hat in Eberswalde
eine 65jährige Tradition und
obwohl er schon mehrmals abgeschafft
werden sollte, erfreut er sich gerade
unter dem Umweltgesichtspunkt ungebrochener
Beliebtheit
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Bedeutend für die Entwicklung des
Verkehrs und damit verbunden für
das Wachsen der Stadt war das Jahr 1842.
Eberswalde erhielt einen Anschluss an
die Berlin-Stettiner Eisenbahn. Damit
war die Stadt verhältnismäßig
kurz nach der Eröffnung der ersten
Eisenbahnverbindung zwischen Nürnberg
und Fürth am 7. Dezember 7.12.1835
plötzlich eine bedeutende Stadt geworden.
Diese erste Strecke war sechs Kilometer
lang. Es folgten am 24. April und 12.
November 1837 die Leipzig-Dresdener Bahn
mit den beiden Strecken Leipzig-Althen
und Althen-Gerichshain. Die Eisenbahn
begann ihren Siegeszug durch das Land
und wurde schnell als neues Verkehrsmittel
zum Zeichen des Aufschwungs in Deutschland.
Es folgten Verbindungen von Berlin nach
Potsdam (29. Oktober 1838) oder die Einweihung
der Strecke Berlin-Stettin am 16. August
1843. Damals war die Fahrt mit der Bahn
übrigens noch ein echtes Erlebnis
und so gibt es Berichte aus dieser Zeit,
die von "schädlichen Nachwirkungen
des rasanten Tempos und den hohen Kurvengeschwindigkeiten"
warnten, schließlich "heizte"
man damals mit immerhin fast 30 Sachen
über die Schiene! Ärtze warnten
allen Ernstes vor Schwindsucht und Tod.
In der Stadt selbst wurde der Nahverkehr,
wie wir ihn heute nennen, immer wichtiger.
Damals verkehrte zunächst noch der
Pferdeomnibus. Zum Beispiel die Linie
zwischen dem Bahnhof Eberswalde und dem
Markt. Doch schon zur Jahrhundertwende
strebten die Stadtherren die Einführung
eines damals hochmodernen und mit Elektrizität
angetriebenen Verkehrsmittels an, das
sein Erfinder, Werner von Siemens, "Elektromote"
nannte. Viele nannten es einfach nur den
"Drahtbus" oder die "Gleislose
Bahn" oder eben die Straßenbahn.
Der allererste Oberleitungsbus in Eberswalde
war ein umgebauter Pferdeomnibus, der
bereits 1869 gebaut worden war. Das Fahrzeug
gehörte der Compagnie de Traction
par Trolley Automoteur. Er fuhr 1901 nur
etwas mehr als drei Monate durch Eberswalde.
Doch die Stadt wuchs weiter und mit ihr
der innerstädtische Verkehr. Im Jahre
1940 begann eine Umstellung - die Einführung
der O-Busse oder auch Trolleybusse genannt.
Trolley kommt aus dem Englischen und heißt
so viel wie Kontaktrolle. Die Straßenbahn
fuhr in Eberswalde letztmalig am 2. November
1940 und der Obus übernahm schließlich
Verkehr.
Nach dem Krieg, er hatte fast das gesamte
Netz zerstört, konnte nur langsam
ein neues Busliniennetz aufgebaut werden.
Nur in Ostend und an der ehemaligen Artilleriekaserne
gab es noch längere unbeschädigte
Fahrleitungsabschnitte. Ein Meilenstein
wurde der Sommer 1958, als eine neue Anfahrtstrecke
zur Friedensbrücke fertig gestellt
werden konnte. Eine wichtige Etappe in
der Geschichte der Obusse waren die späten
siebziger Jahre, als Gedanken laut wurden,
den Obusverkehr einzustellen. Doch die
so genannte Ölkrise, auch für
die damalige DDR ein wirtschaftliches
Problem, rettete sie wieder.
Am 03.11.1990 hatte das meistbenutzte
Verkehrsmittel der Stadt Eberswalde, der
Oberleitungsomnibus, sein 50jähriges
Jubiläum.
Heute bestehen, von ehemals 70, nur noch
drei Obus-Linien in Deutschland und zwar
in Solingen, Esslingen und Eberswalde.
Um die Geschichte genauer zu ergründen
ist ein kleines Buch des Denkmalpflege-Vereins
Nahverkehr e.V., erschienen im Verlag
GVE, zu empfehlen. Man findet es im Internet
unter www.gve-ev.de.
Ein Dank für die bereitgestellten
Informationen in diesem Artikel gebührt
Hartmut Bülow.
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