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Helmut
Roloff blättert in den Geschichtsbüchern
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Seit 1993 besteht die Verwaltungsgemeinschaft,
zu der heute die benachbarten Gemeinden
Altbrandsleben, Peseckendorf, die Stadt
Hadmersleben, Schermcke, Hornhausen und
die Stadt Oschersleben (Bode) mit ihren
zwölf Ortsteilen gehören. Jeder
Ort für sich hat eine lange und sehr
interessante Geschichte, hat seinen eigenen
Charakter und natürlich seine Sehenswürdigkeiten.
Nachdem im Stadtmagazin 2006 der Ortsteil
Ampfurth vorgestellt wurde, ist in dieser
Ausgabe aus aktuellem Anlass Neindorf
an der Reihe, welches seit 1928 ein Gemeindeteil
von Beckendorf-Neindorf ist. Hierzu haben
wir Helmut Rohloff (80), Mitautor der
Festschrift "750 Jahre Neindorf"
gebeten, einmal in die Geschichtsbücher
zu schauen: In einer Urkunde über
den Verkauf der Grafschaft Seehausen vom
13. Juni 1257 wurde Neindorf als "Nendorp"
erstmals erwähnt. Den bedeutendsten
und längsten Einfluss auf den Ort
nahmen ab etwa 1463 die von der Asseburg,
die das ehemalige Rittergut derer von
Neindorf erwarben. Das Leben der einzelnen
Mitglieder der Familie bis 1945 sind in
der Festschrift recht anschaulich beschrieben.
Neindorf war über Jahrhunderte von
der Landwirtschaft geprägt und litt,
wie viele Orte unter den Wirren des Dreißigjährigen
Krieges. Besonders arg traf es Neindorf,
nachdem die Kaiserlichen hier gelagert
hatten. Im 19. Jahrhundert wurde mit dem
Abbau von Braunkohle, zuerst im Tagebau,
später auch unter Tage, begonnen.
Die Bergbaugeschichte endete 1925 mit
der letzten Schicht auf "Graf Bülow".
Heute prägt mit Sitz im ehemaligen
Schloss das Medigreif Bördekrankenhaus
das Angesicht der kleinen Gemeinde.
Das Schloss
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Das ehemalige
Schloss
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Der stattliche dreigeschossige Rechteckbau
ist ein eindrucksvolles Denkmal klassizistischer
Architektur im Vorharzgebiet und wurde
von Graf Maximilian von der Asseburg in
den Jahren 1822 bis 1824 erbaut. Die großzügige
Bauweise und die kostspielige Inneneinrichtung
kostete den Grafen ein Vermögen,
so dass er beispielsweise das Vorwerk
Beckendorf, das Gut Ottleben und auch
noch Peseckendorf verkaufen musste. Die
zum Schloss gehörige Bibliothek ist
ebenfalls im klassizistischen Rundbogenstil
erbaut und verbindet optisch Schloss und
Kirche. Heute wird das Schloss als Krankenhaus
genutzt.
Die Kirche
Die erste Kirche wurde bereits, wahrscheinlich
ein einfacher Holzbau, 1262 errichtet.
Augustus I. von der Asseburg ließ
an der gleichen Stelle zwischen 1575 und
1582 die heute noch erhaltene gotische
Schlosskapelle bauen. Zahlreiche Reliefs,
Bildnisse, ein hölzerner Epitaph
sowie der Altaraufsatz von 1679 sorgen
für einen imposanten Eindruck. Sehenswert
ist außerdem das zweigeschossige
Grabmal Augustus I.
Die Schinkelschmiede
Es geht die Anekdote, dass der große
Bauherr und Maler des 19. Jahrhunderts Karl
Friedrich Schinkel bei einem festlichen
Essen im Schloss Neindorf vom Hausherren
Graf von der Asseburg gefragt worden sei,
ob er denn nur einzigartige Schlösser
und Kirchen oder auch kleine Gewerbenutzbauten
entwerfen könne. Die Antwort folgte
prompt. Schinkel skizzierte auf seiner Serviette
den Entwurf einer Schmiede. Und genau diese
Schmiede soll 1835 dann in Neindorf gebaut
worden sein. Bewiesen ist inzwischen, dass
das Gebäude ein Werk seines Schülers
Friedrich August Stüler ist - also
eindeutig Schinkelsche Einflüsse!
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Zugemauerte Fenster
in der Hauptstraße
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Zugemauerte Fenster
Wer durch Neindorf fährt, dem fallen
die zugemauerten Fenster der Landarbeiterhäuser
zur Straßenseite hin auf. Hintergrund
ist ein sehr praktischer: In den alten Katen
wohnten zu früherer Zeit vier bis sechs
Familien, deshalb gab es auch so viele Fenster.
Später wurden die winzigen Räume
innen durch Abriss der Wände vergrößert.
Das hatte den Nachteil, dass nun überall
Fenster waren und als zu DDR-Zeiten die
Schrankwände aufkamen, blieb nur die
Lösung: zumauern!
Hubertushöhe
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Die
Hubertushöhe - Ein traditionelles
Haus sucht einen neuen Investor
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Alexander von der Asseburg ließ
1904 das Ausflugslokal "Hubertushöhe"
im Hohen Holz errichten um es zu verpachten.
Schnell stellte es sich als Goldgrube
für Besitzer und Pächter heraus.
Noch zu DDR-Zeiten war es gut besucht.
Nach den Wendejahren 1989/90 verfiel dieses
wunderschön gelegene Lokal, trotz
eines Versuches der Wiederbelebung durch
einen Niederländer, zusehens. So
wartet Neindorf noch heute auf einen Investor,
der das traditionsreiche Haus übernimmt.
Die Festschrift "750 Jahre Neindorf"
ist in der Touristinformation Oschersleben
bei Frau Lösel erhältlich.
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