|
Stolz
und majestätisch gleiten sie über
das Wasser, die Havelschwäne. Theodor
Fontane schrieb begeistert: "Wie
mächtige weiße Blumen blühen
sie über die blaue Fläche hin;
ein Bild stolzer Freiheit." Diese
imposanten Vögel spielen seither
in der deutschen Dichtung und in Sagen
eine große Rolle, auch in der Liebeslyrik,
bleiben doch Schwanenpaare, die sich einmal
gefunden haben, ihr ganzes Leben zusammen.
Nun war das botanische Verständnis
des märkischen Dichters nicht so
umfangreich, dass er zwischen den heimischen
Höckerschwänen und Singschwänen
unterscheiden wollte, sonst wäre
er sicher nicht nur auf die Erscheinung,
sondern auch auf ihren Gesang eingegangen.
Und so gut wie heute ging es den stattlichen
Wasservögeln der Havel zu Fontanes
Zeiten auch nicht, die Freiheit war nicht
so grenzenlos. Denn das besungene Bild
trügt, wurden doch die Schwäne
zeitweilig als besondere Trophäe
gejagt und von den Fischern stets zum
Sommeranfang eingefangen. Dabei wehrten
sie sich heftig, denn dem Schwan werden
schon bei den alten Germanen prophetischen
Gaben nachgesagt, so dass ihnen das Unheil
schwante. Zu Recht, denn den Jungen wurden
die Flügel gestutzt, die Alten wurden
tüchtig gerupft. Dazu brachte man
die Schwäne an der Oberhavel nach
Pichelswerder und die der Unterhavel auf
den Depothof bei Potsdam. Da kamen sie
auf eine Rupfbank, wo Frauen der Kietzfischer
den Schwanenkopf samt Hals zwischen die
Beine klemmten und so virtuos Federn und
Daunen rupften, dass kein Fleck der Haut
zu sehen war. Nach der Prozedur wurde
der nicht mehr so stolz aussehende Schwan
in die Havel geworfen, wo er frierend
heimische sonnige Ufer und Inseln aufsuchte
und sich rasch vom Schock erholte.
Im Winter wurden die Havelschwäne
wieder eingefangen. Dazu trieben die Fischer
die Vögel mit ihren Booten in Buchten
und warfen Schlingen, die an langen Stangen
befestigt waren, um die Hälse der
Schwäne. Die schönen Tiere würden
im Eis umkommen und so brachte man sie
auf Bauernwagen in eisfreie Buchten, oft
auch nach Potsdam in den Winterhafen,
wo sie zweimal am Tag mit Gerste gefüttert
wurden. So wuchsen sie heran, zu stattlichen
Havelschönheiten, die das Auge so
mancher ausländischen Diplomaten
und Herrscher entzückten. Und so
blieb es nicht aus, dass Preußens
Könige bei ihren Reisen Schwäne
als Geschenk mit sich führten. Und
so kam es, dass nicht nur in den Familien
der russischen Zaren seit Urzeiten deutsches
Blut floss, weil sich die Herrscher der
Russen mit deutschen Prinzessinnen vermählten,
auch die Schwäne von St. Petersburg
und Zarskoje Selo sind Nachfahren unserer
Havelschwäne.
|
|