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Kolorierter Stich
- Hafelidyll am Fährhaus Heiligensee
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Und dennoch profitiert die Stadt nordwestlich
Berlins von seiner exellenten Lage. Da
ist nicht nur die Nähe des Autobahnringes
und des Flughafens Tegel, die S-Bahnverbindung
nach Berlin und die Regionalexpressstrecken,
auch die Havel-Oder-Wasserstraße
und der Havelkanal sichern Mobilität
in alle Himmelsrichtungen. Wie ein roter
Faden begleitet die Entwicklung des Verkehrs
das Aufblühen der Stadt, Handel und
Wandel. Vom 1375 im Landbuch Kaiser Karl
IV. erstmals erwähnten Fischerdorf
mit zehn Familien zu einem modernen Wirtschaftsstandorft
mit 26.000 Einwohnern. Die Brücke
über die Havel bescherte 1506 den
Anwohnern auch den ersten Dorfkrug. Aber
so konnten die Bauern zugleich ihre Produkte
leichter auf die Märkte der Umgebung
bringen.
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Postkutschen,
wie sie auch von Berlin nach Hamburg
fuhren
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Seit dem 15. Jahrhundert wurde auf der
Havel geflößt. Mühlenstaue
und Flutrinnen in der Havel führten
dazu, dass sich weitere Gewerbe ansiedelten
und der Schifffahrtsweg zur Elbe bis hinauf
nach Hamburg erschlossen wurde. Auf der
325 Kilometer langen Havel kreuzte die
Luxusjacht "Liburnica" Friedrichs
I. mit königlichem Gefolge, seit
dem Jahr 1700 war die kurfürstliche
Schiffswerft in Havelberg angesiedelt.
Das blaue Band der Havel war eine wichtige
Transportader auch in Preußens Metropole.
Nicht umsonst heißt es, dass Berlin
aus dem Kahn heraus gebaut wurde, denn
über Land war die gewaltige Menge
an benötigten Baustoffen nicht zu
beschaffen. 1868 wurde auf dem Gelände
des Lehnschulzenamtes eine Ziegelei errichtet,
deren Steine per Lastkahn nach Berlin
geschifft wurden. Für eine Mietskaserne
der Gründerzeit wurden 12.000 Kubikmeter
Ziegel gebraucht und mussten 396 brandenburgische
Kiefern für Balken gefällt werden.
1856 stampfte das erste Dampfschiff im
Frachtverkehr über die Havel und
nach 1871 gab es einen regelmäßigen
Stückguttransport Berlin-Stettin.
Seit 1902 stampfte die "Nordstern"
als Personendampfer mit ihren 303 PS über
die Havel. Heute können die Hennigsdorfer
und ihre Gäste mit der "Pelikan"
eine Havel- und Berlin-City-Tour unternehmen
oder ein Boot samt Skipper im idyllischen
Yachthafen von Nieder Neuendorf chartern.
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Maßstabgetreues
Modell der Straßenbahnlinie
120, wie sie in den 20er Jahren
zwischen Spandau-West und Hennigsdorf
verkehrte
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Auch Schrott und Zuschlagstoffe wurden
auf dem Wasserweg ins 1917 erbaute Stahl-
und Walzwerk gebracht, das 1948 nach dem
Wiederaufbau den ersten Stahlabstich feierte
und seit 1992 zum italienischen RIVA-Konzern
gehört.
Nach Hamburg fuhren schon 1650 die ersten
Kutschen der Brandenburgischen Post von
Berlin über Hennigsdorf. Erst 1815
wurden die Schnellkutschen eingeführt.
Sie verkürzten die Fahrt in die reiche
Hansestadt von 90 auf die Rekordzeit von
31,5 Stunden. Der Fahrpreis betrug 14
Taler und 15 Silbergroschen, wofür
ein Tagelöhner sechs Wochen arbeiten
musste. Wohl in keiner anderen deutschen
Stadt ist das Werden und Wachsen so eng
mit dem Schienenverkehr verbunden. 1893
wurde Hennigsdorf Eisenbahnstation und
der Postkutschenverkehr eingestellt. Dem
wachsenden Verkehr entsprechend wurde
1909 die hölzerne Zugbrücke
durch eine hochliegende Eisenbahnbrücke
ersetzt. Seit Mai 1928 fuhr die S-Bahn
von Berlin nach Hennigsdorf, doch 1961
mit dem Mauerbau wurde diese Verbindung
rigoros gekappt und um in die Hauptstadt
der DDR zu kommen, mussten die Pendler
nun den Doppelstockzug auf dem Außenring
nehmen.
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Der Bahnhof Hennigsdorf
ist für viele Berlin-Pendler
täglich bequeme Umsteigestation
von den Regionalzügen in die
S-Bahn
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Erst seit Dezember 1998 verkehrt die
S-Bahn wieder zwischen Hennigsdorf und
Lichterfelde. Seit 1910 baute die AEG
in der Stadt Isolatoren, dann Elektrokarren
und schließlich Dampflokomotiven
und sogar Flugzeuge. 1916 erreichte ein
AEG-Großflugzeug den Höhenweltrekord
mit 6.000 Metern. 1919 wurde mit AEG-Linern
der Flugverkehr zwischen Berlin und Weimar
aufgenommen. 1936 fuhr eine Schnellzug-Dampflok
der Baureihe 05002 auf der Strecke Berlin-Hamburg
mit 200,4 Stundenkilometern Geschwindigkeitsweltrekord.
Diese Lok steht im Verkehrsmuseum in Nürnberg.
Die von Hennigsdorfer Ingenieuren und
Technikern gebaute E-Lok der Baureihe
E-19, bis 1938 verließen 5.000 dieser
Fahrzeuge das Werk, erreichte eine Spitzengeschwindigkeit
von 225 Kilometern pro Stunde. Bis zum
zweiten Weltkrieg war Hennigsdorf übrigens
der größte Lokhersteller der
Welt. ICE-Express-züge bringen es
auf 300 Stundenkilometer und mehr. Heute
baut die Bombardier Transportation GmbH
Hennigsdorf Straßen- und U-Bahnen,
Nahverkehrs- und Hochgeschwindigkeitszüge.
So ist die Stadt ein wichtiger Partner
im Verkehrsprojekt deutsche Einheit.
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1918 verließen
täglich sechs Flugzeuge die
AEG-Werke Hennigsdorf
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ADtrans Hennigsdorf
entwickelte ICE-Züge mit Neigungstechnik
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