Angermünde
 
  Interview  
     
 
 

Wirtschaftsförderin Christine Bresk im Interview zu Problemen der Gewerbeansiedlung in Angermünde

In kleinen Schritten geht es vorwärts

 
 
Christine Bresk will
mehr Unternehmen in
Angermünde ansiedeln.

Die landschaftlichen Reize und Ausflugsattraktionen der Uckermark locken immer mehr Besucher in die Region. Christine Bresk, die Leiterin des Wirtschaftsförderungsamtes, würde sich auch in punkto Gewerbeansiedlungen einen regeren Zulauf für Angermünde wünschen.
Doch der Ort ist mit fast 20 Prozent Arbeitslosigkeit nicht gerade das, was man eine Wirtschaftsoase nennt. Auch wenn in der Stadt am Mündesee rund 600 Gewerbeanmeldungen und etwa 100 Freiberufler wie Ärzte, Journalisten oder Grafiker registriert sind, lassen die Stadtverantwortlichen nicht locker bei ihren Bemühungen um wirtschaftliches Fortkommen. Carmen Krickau sprach mit der Amtsleiterin für Wirtschaftsförderung.
Christine Bresk, typisch für die Wirtschaft in Angermünde sind klein- und mittelständische Unternehmen. Was können Sie im Amt für Wirtschaftsförderung denn konkret für deren Fortbestand in der Zukunft tun?

In den meisten Fällen nicht das, was die Amtsbezeichnung Wirtschaftsförderung suggeriert: Das klingt nach ausreichend Geld, mit dem wir die unterschiedlichen Projekte unterstützen können. Das ist aber ganz und gar nicht so. Wir im Amt können höchstens mithelfen, den Gewerbetreibenden die richtigen Wege zu den richtigen Fördermitteln zu zeigen und ihnen die entsprechenden Kontakte zu Experten und Banken herzustellen. Das ist für die Firmen meist schon eine Hilfe. Zwischen den Unternehmen und der Stadtverwaltung entstehen mangels Kenntnis der Sachlage und fehlender Informationen oft Missverständnisse. Deshalb sehen wir es auch als unsere Aufgabe an, das Miteinander zwischen Verwaltung und Unternehmen zu pflegen, um entstandene Empfindlichkeiten abzubauen und Entscheidungen der Verwaltung nachvollziehbarer zu machen. Aber zu unseren Aufgaben gehört auch die Neuansiedlung von Unternehmen.

Sind diese Neuansiedlungen nicht auch Ihre schwierigste Aufgabe? Denn wirkliche Neu-Niederlassungen werden doch immer seltener in Deutschland.

Das ist nicht nur die schwierigste, sondern auch die anstrengendste Aufgabe. Denn Erfolge sind hier selten. Bei monatlich etwa zwei Anfragen ist letztlich eine Neuansiedlung im Jahr schon als Erfolg zu werten. Das kann logischerweise nicht befriedigen, auch wenn die Gründe der Unternehmen für eine Nichtansiedlung bei uns meist nachvollziehbar sind. Unternehmen beurteilen einen Standort unter betrieblichen Gesichtspunkten. Bei der Entscheidung für oder gegen einen Standort spielt auch die Wirtschaftsstruktur der jeweiligen Stadt eine Rolle. Aber wir haben hier kein "Leitgewerbe", wie es das in Schwedt beispielsweise gibt. Dorthin zieht es die Firmen eben eher, wenn sie auf Papierverarbeitung und Chemieindustrie ausgerichtet sind. Warum sollen sie sich für Angermünde entscheiden, wenn sie sich nur ein paar Kilometer weiter viel schneller eine gesicherte Existenz aufbauen können? 2002 gibt die Entwicklung im Gewerbegebiet Oderberger Straße Grund zur Freude. Wobei der Umzug der Druckerei Nauendorf aus Jamikow zu uns nach Angermünde keine echte Neuansiedlung, sondern eben nur ein Umzug ist. Erfreulich hierbei sind die zwei neu geschaffenen Arbeitsplätze. Und auch die "hilzinger" Fensterbauer sind 10 Jahre hier, haben aber gerade den symbolischen Spatenstich für ihre Produktionserweiterung gemacht. Das sind die Erfolge, die ich mir für Angermünde viel häufiger wünsche.

Trotz Wirtschaftsflaute gibt es in Angermünde gut funktionierende Unternehmen.

Kann das Amt für Wirtschaftsförderung nicht entsprechende tragfähige Konzepte vorlegen, die für Angermünde ein eigenes "Leitgewerbe" schaffen?

Der Sanierungsbedarf der Städte förderte nach der Wende die Entwicklung des Bauhaupt- und -nebengewerbes. So auch in Angermünde. Doch mit fortschreitender Sanierung der historischen Altstadt, aber auch privater und öffentlicher Gebäude, wird die Bedeutung der Baubranche für die Wirtschaft in Angermünde abnehmen. Selbstverständlich machen wir uns über Alternativen Gedanken. In der Region um Angermünde wird Landwirtschaft groß geschrieben. Vor der Wende richtete sich die Wirtschaft der Stadt danach aus. Daran kann und sollte vielleicht auch angeknüpft werden. Das kann Zukunft haben, denn nachwachsende Rohstoffe oder alternative Energiegewinnung sind für die Landwirte schon eine Überlegung wert. Aufgabe der Wirtschaftsförderung könnte es dabei beispielsweise sein, gemeinsam mit den Landwirten nach Lösungen für die Verarbeitung, Veredlung oder Direktvermarktung von Produkten zu suchen.

Sie sprachen anfangs vom Miteinander von Verwaltung und Unternehmen. Wie sieht das in der Praxis aus?

Wir warten nicht, bis die Unternehmer mit ihren Fragen und Problemen zu uns kommen, sondern gehen auch selbst vor Ort. Zweimal im Monat besucht Bürgermeister Wolfgang Krakow ortsansässige Firmen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es ein großes Unternehmen mit vielen Beschäftigten ist oder ein Zwei-Mann-Betrieb. In den Gesprächen mit den Firmeninhabern oder Geschäftsführern geht es sowohl um Probleme der Stadtentwicklung als auch um ganz aktuelle Tagesthemen, die die Unternehmen interessieren. Gebühren für städtische Leistungen etwa, Straßenbau und Straßensperrungen oder ähnliches. Eine wichtige Frage des Bürgermeisters ist die nach Kritiken und Hinweisen an die Verwaltung. Wir erfahren bei diesen Gesprächen vieles über die Unternehmen, über ihr wirtschaftliches Profil, ihre Stellung im Wirtschaftsgefüge der Stadt, ihre Sorgen, Nöte und Wünsche. Für Firmen, deren Angebot man genau kennt, lassen sich doch viel eher Kooperationsmöglichkeiten erschließen. Das wird mittlerweile von den Unternehmen nachgefragt, weil es die schnellste, effektivste und persönlichste Art des Miteinanders ist. So gelangen die Probleme des Einzelnen auf dem kürzesten Weg in die Verwaltung und können geklärt werden. Andererseits verfügen wir über detaillierte Kenntnisse über unsere Firmen. Das erleichtert uns das überzeugende Auftreten ge-genüber Fördergeldgebern. Ein Bürgermeister, der von der Leistungsfähigkeit seiner Unternehmen überzeugt ist und überschäumend davon berichtet, hat doch schon fast gewonnen.

Viel ist schon wunderschön saniert - doch wie überall kränkelt auch in Angermünde die Bauwirtschaft

All diese Anstrengungen bleiben ja nicht ohne Wirkung, auch wenn es Ihnen und vielen Angermündern nicht schnell genug vorwärts geht. Wie sieht Ihre Zukunftsvorstellung von der Wirtschaft in der Stadt aus?

Ich wünsche mir, dass wir es schaffen, in Angermünde eine Wirtschaftsstruktur zu haben, die sich langfristig selbst trägt. Die genügend Arbeits- und Ausbildungsplätze auf Dauer zur Verfügung stellt, damit genug Geld und damit genug Kaufkraft vorhanden ist. Diese Spirale muß einfach in Bewegung bleiben. Und ich wünsche mir ein partei-übergreifendes Zusammenarbeiten, denn nur so können wir die Wirtschaftsprobleme in der Region anpacken.

 

 

 

 
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