Herr
Herbert Ehme, seit 1990 sind Sie Bürgermeister
der Stadt Zwenkau. Was hat Sie damals
bewogen dieses Amt in der von der Braunkohle
bedrohten, fast schon todgeweihten Stadt,
zu übernehmen?
So einfach ist diese Frage nicht zu beantworten.
Ich glaube es war die Situation im Herbst
1989 und die Möglichkeit etwas zu
ändern. Das auslösende Element
war die Demonstration am 09. Oktober 1989
in Leipzig, an der ich unter zirka 70.000
Menschen trotz Gefahren für Leben
und Gesundheit teilnahm. Die Geschlossenheit
der Menschen, die Rufe nach "keiner
Gewalt", nach Freiheit und die Ohnmacht
der zum Äußersten bereiten,
die Straßen säumenden bewaffneten
Einheiten der Bereitschaftspolizei und
Kampfgruppen zeigten, dass die Zeit für
Veränderungen reif war. Ab diesem
Zeitpunkt nahm ich an allen Montagsdemonstrationen
teil und wurde im Februar 1990 zum ersten
Mal in meinem Leben politisch aktiv. Auch
für meine schon todgeweihte Heimatstadt
Zwenkau gab es wieder eine Zukunft. Diese
zu gestalten, hatten wir uns auf die Fahne
geschrieben. Wir, das waren viele gleichgesinnte
Zwenkauer, die sich für die politische
Wende und die Entwicklung unserer Stadt
einsetzten. Das Auslaufen des Tagebaues
und die Errichtung unseres Gewerbeparkes
waren die Voraussetzungen für ein
Zwenkau mit Zukunft. In all diesen, sich
teilweise überschlagenden Ereignissen
wurde ich fast unbewusst, Bürgermeister
der Stadt Zwenkau. Rückblickend kann
ich aber sagen, dass ich diese Entscheidung
zu keiner Zeit bereut habe.
Wir erklären Sie sich, dass Ihnen
die Bürger so oft das Vertrauen ausgesprochen
haben?
Die Stadt und ihre Ortsteile haben sich
gut und kontinuierlich entwickelt. Aus
einer sterbenden Stadt ist eine Stadt
mit Zukunft geworden, in der es sich gut
leben lässt. Reges Vereinsleben prägt
maßgeblich das kulturelle und gesellschaftliche
Geschehen. Eine bürgernahe Verwaltung
für deren Arbeit der Leitsatz gilt:
"Das Rathaus sollte sein wie eine
schöne Frau, ansehnlich, für
jedermann offen, aber nicht für jedermann
zugänglich." Ich denke, das
sind einige wesentliche Faktoren weshalb
die Bürger mir immer wieder das Vertrauen
geschenkt haben.
Was
charakterisiert Zwenkau 2008?
Zwenkau hat in seiner Entwicklung einen
gewaltigen Aufholprozess hinter sich und
hat einen Spitzenplatz unter den Kommunen
im Landkreis erreicht. Es ist eine lebenswerte,
zukunftsorientierte Kleinstadt geworden.
Der sich langsam füllende Zwenkauer
See bietet der Stadt noch ungeahnte Entwicklungschancen
in den nächsten Jahren.
Welche Vorteile bietet Zwenkau für
Investoren?
Eine gut aufgestellte Verwaltung die
für alle Belange ansprechbar und
für vieles zuständig ist, eine
zukunftsorientierte Flächennutzungs-
und Bebauungsplanung, investorenfreundliche
Grundstückspreise, Steuerbelastungen
und Abgaben (keine Straßenausbaubeiträge)
an der Untergrenze des Landesdurchschnittes
und der Grundsatz, dass Gewerbeangelegenheiten
und Wirtschaftsentwicklungen stets Chefsache
sind.
Die Nähe zu Leipzig ist Chance,
andererseits ist die Stadt ein Konkurrent,
oder?
Die Nähe zu Leipzig ist eindeutig
ein Vorteil, weniger sehen wir in der
Stadt Leipzig eine Konkurrenz zu unserer
Entwicklung. Außerdem haben beide
Städte den Zweckverband "Neue
Harth" gegründet, der maßgeblich
für die gemeinsame Planung und Erschließung
der Bergbaufolgelandschaft zuständig
und Grundlage für eine gute Zusammenarbeit
ist.
Viel hat sich in Zwenkau schon verändert.
Welche Weichen für die Stadt haben
Sie gestellt? Was werden die künftigen
Prioritäten sein?
Mit der Entwicklung des Tagebaues, dem
Bebauungsplan "Seebad Zwenkau",
dem Baubeginn der Kindertagesstätte
am KAP ZWENKAU und dem Stadthafen sind
die Weichen zur zukünftigen Stadt
am See, dem Seebad Zwenkau, gestellt.
Die Weiterentwicklung des Schulzentrums
mit allen Schularten, die Integration
unserer älteren Bürger in das
Leben der Stadt und die Förderung
des Vereinslebens als Keimzelle des gesellschaftlichen
und kulturellen Lebens in unserer Stadt
werden auch weiterhin Schwerpunkte der
Entwicklung sein.
Was können Sie den Besuchern und
Gästen der Stadt besonders ans Herz
legen?
Kommen Sie in unsere Stadt, hier erleben
Sie einen einmaligen Wandel einer einst
todgeweihten Stadt zu einer Stadt mit
Zukunft. Der stetig wachsende Zwenkauer
See, der Freizeitpark BELANTIS, Wanderungen
im Frühling und Herbst, das Laurentiusfest,
die Radsportveranstaltung "neuseen
classics" sind nur einige Höhepunkte
des gesellschaftlichen Lebens in unserer
Stadt. Das alles mitzuerleben und mit
zu gestalten ist schon eine Reise wert.
Bleiben Sie der Kommunalpolitik hier
in Zwenkau auch nach Ihrem Ausscheiden
als Bürgermeister erhalten? Und welche
Pläne haben Sie für Ihre persönliche
Zukunft?
Ersteres liegt an meiner Nachfolge, hier
muss die Chemie stimmen, sonst sind eine
Zusammenarbeit und ein weiteres Wirken
in der Kommunalpolitik wenig zielstrebend.
Für zukünftige Pläne habe
ich zurzeit noch nicht den Kopf frei.
Die Hauptsache ist, ich bleibe mit Gottes
Hilfe gesund, dann wird sich schon was
finden. Sicher werde ich mich dann mehr
meinem Privatleben widmen, hier musste
ich ja bisher unter Rücksichtnahme
auf mein Amt so manche Abstriche machen.
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