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Da
sind Sie platt ! |
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Eva Brandt ist von Kopf
bis Fuß auf Plattdütsch eingestellt
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Seit sie ihren
Computer beherrscht, werden alle
Manuskripte und Geschichten übers
Platt dort gesichert
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Wer mit Eva Brandt plaudert, ist ganz
schnell ganz schön platt! Im wahrsten
Sinne des Wortes. Denn die Frau ist nicht
nur ein wahres Energiebündel, sie
beherrscht auch ostfälisches Plattdeutsch,
das seit Urzeiten in der Region gesprochen
wird.
Ihr Kalender ist voll: Auftritte, Termine,
Daten und Verabredungen. "Tja, ich
habe immer alles sehr intensiv gemacht.
Aber zu zweit ist das kein Problem!"
schickt sie Luftküsse zu ihrem Schatz
Hans-Walter. Der schmeißt ruhig
und umsichtig den Haushalt, weil seine
Eva ja eh vorm Computer über plattdeutschen
Geschichten, Manuskripten, Themen und
Recherchen die Zeit vergisst. Manchmal
muss er sie sehr nachdrücklich daran
erinnern, dass die Platt-Fans im Seniorenheim,
Bibliothek, bei der Volkssolidarität,
Frauenhilfe, beim DRK, Frauenfrühstück
oder Kirchenarbeitskreis nicht vom bloßen
Rumsitzen platt-begeisterter werden. Das
reicht. Und schon sitzt sie neben ihm
im Auto und auf geht's zum nächsten
Platt-Snack!
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Eva Brandts zeigt
ihren übervollen Terminkalender
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Der Dialekt faszinierte Eva Brandt schon
sehr früh. "Als Kind war ich
sehr oft bei meiner Großmutter in
Hornhausen. Wenn sie sich im Laden platt
unterhielt, verstand ich sie aber nicht
mehr." Schlimmer: bisweilen auch
die Kundschaft nicht, die das Mädchen
im großmütterlichen Gemischtwarenladen
so gerne bediente. Als Seniorin leiß
sie sich von Werner Kruse deshalb Platt-Wort
für Platt-Wort alles beibringen.
Nach dem Abitur in Oschersleben (Bode)
ging das junge Fräulein erst einmal
in die Fremde. Eva studierte Zuckertechnologie
in Köthen, arbeitete für die
"Zucker-Zeitung" in Berlin,
verblüffte ihre Assistenten-Kollegen
in Stralsund und Güstrow, weil sie
deren Heimatsprache beherrschte.
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Voller Stolz zeigen
sie die Urkunde, die sie zusammen
bekommen haben
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Privat spürte sie: mit
Hans stimmt die Chemie. Kein Wunder, schließlich
ist er Chemiker! Hochzeit 1957, zwei Jahre
später kommt Tochter Christiane zur
Welt, 1964 gehen sie nach Schwedt. Eva
Brandt arbeitet zehn Jahre ehrenamtlich,
bevor sie ab 1974 im dortige Orts-Museum
als Angestellte aarbeitete. "Da habe
ich gemerkt, dass nicht nur alte Stühle
und Klamotten, sondern vor allem die Sprache
ein wirklich lebendiger Zeitzeuge ist
und aufbewahrt werden muss." Doch
als ihr 1983 ein Tumor entfernt werden
muss und ihr nur wenig Überlebenschancen
eingeräumt werden, will sie zurück
in die Heimat. So zieht sie
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Eva und Hans-Walter
Brandt genießen die freie
Zeit zusammen
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1985 zurück nach Oschersleben (Bode) in
das Haus, in dem sie 1933 geboren wurde
und beginnt ihr zweites Leben. Als Museumspädagogin
und "Platt-Expertin". Eva Brandt
übernimmt Stadtführungen und engagiert
sich gemeinsam mit ihrem Mann bei den Vorbereitungen
zur 1.000-Jahrfeier von Oschersleben (Bode),
wofür sie 1994 den Kulturpreis der
Stadt bekommen. Eva Brandt schreibt wöchentlich
für die Börde-Volksstimme "platte"
Artikel, gibt ihre alltäglichen Erlebnisse,
Beobachtungen, Gedanken und Gefühle
als Geschichten für Groß und
Klein in drei eigenen, etwa 100 Seiten starken
Broschüren heraus, lernt Computer zu
beherrschen und überzeugt beim NDR-Erzählwettbewerb
gleich zweimal die Jury von ihren überragenden
guten Geschichten. "Ich möchte
einfach, dass dieses alte Sprachgut und
die Sprache lebendig bleiben. Sie sind doch
so voller Seele!"
Oschersle is all ölder wie
dusend Jahr*
1994 hewwe ne groote Fier ehat,
weil einder vor dusend Jahr ne Urkunde
und erschrem'n hat, wo
Oschersle
(Oschersleben) enennt werd. De Urkunde
von 994 jiwwt't noch
Bloß
wer wat Schwart op Witt hat, dört
fiern. Dat daaten de Oschersleschen
nu 1994 un veele Lüü von
drumerum ook
Veel konne man
vorher lesen öwwer de ool'n
Tieten. De Lüü konn'n
sick dadorch vorstelln, wie dat
früher in'n Middelölder
ewest sien mot mit ne Mure um de
Stadt un Water uut'n Spring un de
Joote full Jauche un mit Mess op
de Straten. En Trupp Lüü
is da 'west un hat ewieset, wie
man dunnemals singe un danze un
Musike make, et jaw en Markt, wo
Kooplüü, ne Wahrsagersche,
en Pötter, Schmett, Bessenbinner,
Wockendreiher, Fleutchenpieper un
wer süss noch alle 'arbeit't
het wie dunne. Bloß unse schöne
plattdütsche Sprache konne
man nich hörn
Dat Plattdütsch,
dat wei hüte spreeket, is nich
mehr dat von vor 300 Jahr
Handfest isse blem'n. Man kann spreken,
wie ein'n de Schnabel ewussen is
Dat is kort un man kann alles sejjen.
Handschlach drop - un dat is't.
Wer't nich glöw'n kann, sall
sick en bettchen Meuh jeben un Plattdütsch
lehrn. Man kann dat, un wenn de
1050 Jahr-Fier is, kann hei nich
bloß soone Kledaje wie in'n
Middelölder antrecken, sondern
ook datau Plattdütsch spreeken.
Dat wörre doch mal wat!
*Ausschnitte aus der Geschichte
von Eva Brandt
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